I.
Ich sah viel schöne Augen,
Ich sah viel schöne Wangen,
Seit ich mein erstes Liebchen
In Knaben-Glut umfangen.
Ich sah viel schöne Mädchen,
Geschmückt mit selt'nen Gaben,
Seit ich mein erstes Liebchen
Vergessen und begraben.
Mir ist das Blut oft stürmisch
Zum Herzen hingedrungen,
Doch ward die rechte Saite
Wohl nimmer angeklungen.
Du kamst aus weiter Ferne,
Du zieh'st hinaus in's Weite:
Nun zittert und erklinget
Zum ersten Mal die Saite!
aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887