Liebt, o liebt! Es wird gereuen,
Wer nicht liebt und wieder liebt!
Der verschiebt das Glück von Zweien,
Wer sein eignes Glück verschiebt.
Liebt! das Glück ist in der Schwebe;
Hier ist's, wo es Fuß gewinnt!
Der besinnt sich, ob er lebe,
Wer auf Liebe sich besinnt.
Ladet Alles nicht zur Liebe?
Nicht das Vögelein im Nest?
Nicht die Blum' im Frühlingstriebe?
Nicht der leicht beschwingte West?
Wellen, die im Bache kreisen,
Suchen, finden sich so gern;
Der Magnetstein zieht das Eisen,
Und ein Stern den andern Stern.
Liebt, o liebt! Was wäre lieber,
Als ein Blick von dir zu mir,
Und von mir zu dir hinüber?
Wir uns Eins und Alles wir? -
Wir uns Eins und wir uns Alles
Auf dem weiten Erdenraum?
Glück von außen - steig' es, fall' es:
Was sich liebt, gewahrt es kaum.
Liebt, weil noch die Jahr' uns sprossen!
Flügel haben Lieb' und Glück;
Stunden einmal hingeflossen,
Fließen nie und nie zurück.
Ab strömt Alles: kein Erretter!
Nicht darf wieder Strom hinauf.
Liebt und streut der Rosenblätter
In des Stromes schnellen Lauf!
Daß, wenn ihr die letzten streuet,
Euch die Liebe Zeugniß giebt:
"Glückliche, die nichts gereuet!
Liebend wurdet ihr geliebt!"
(Band 1, S. 443-444)
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