Lenz und Liebe

Nun sind die Veilchen ausgegeben,
Vorüber der Narcissenflor!
Doch sieh', des Maies Glöckchen heben
Die weißen Köpfchen schon empor!

Der Frühling will nicht geizig hüten
Sein Gut, er lebt in Saus und Braus,
Und streut die Gold- und Silberblüthen,
Ein reicher Erbe, lustig aus.

So liebt auch Liebe zu verschwenden,
Weil sie das Kind des Frühlings ist;
Ich kann mit Kuß und Wort nicht enden
Zu sagen, wie du lieblich bist!

Und würde jeder Kuß zur Blume,
Zum Blatte jedes Wort, o sprich!
Wär' nicht mit allem seinem Ruhme
Der Lenz ein Bettler gegen mich?

Collection: 
1864

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Ich soll von meiner Reise
Erzählen dir, mein Kind? -
Nach alter Dichterweise
Zur Sache denn geschwind!

Bei all' den blauen Seen
Hab' ich an dich gedacht,
Sah dich als Rose stehen
In öder Gletscherpracht...

Wie muthest du mich wieder an,
Du Heimat, schön und traut!
Ist schöner, als ich sagen kann,
Auch viel, was ich geschaut.

Gebirg und Hügel, Wald und Stadt -
Wie Alles so beredt!
Und jeder Weg und jeder Pfad...

Es kommt der Bach mit Rauschen
Gezogen durch die Nacht,
Wie lang' ich auch mag lauschen,
Kein and'rer Ton erwacht.

So zieht nur Ein Gedanke
Jetzt durch die Seele mir:
Daß mich so manche Schranke
...

Beginnt noch kaum zu tagen,
Die Sterne löschen aus,
Es rollt mein Reisewagen
Zum Städtchen frisch hinaus.

Zum Thor' hinaus und weiter
Hinauf die Pappelallee -
Schon glänzt im Morgengrauen
Zur Seite mir...

Ob ich bleibe? ob ich gehe?
Ach! wie ist die Wahl so schwer!
Traulich ist's in deiner Nähe,
Lockend blickt die Ferne her.

Sei es denn, wie ich's beschlossen,
Ehe dich mein Auge sah, -
Liebe wird im Herzen sprossen,...