I. Blütezeit.
Nun blüht das Korn, nun blüht der Wein,
All um ein lieblich Düften,
Man atmet lauter Segen ein
In linden Abendlüften.
Noch blüht das Korn, noch reift es nicht,
Will selbst sich duftend weihen,
Durchglüht vom warmen Sonnenlicht
Den Segen prophezeien.
Wir bitten all um täglich Brot –
Doch doppelt ist’s gesegnet,
Wenn uns im Juni-Abendrot
Der Aehren Duft begegnet
Wir trinken ihn mit Wonne ein:
Der blüh’nden Aehren Küssen
Soll unserm Leben heilsam sein –
So will im Volk man wissen.
O Volkesglaube rein und gut!
Nur der ist reich zu nennen,
Dem Blüten geben Hoffnungsmut,
Eh’ noch die Frucht zu kennen.
Auch an der Rebe zart und dicht
Hervor die Träubchen sprießen
Und golden sich im Sonnenlicht
Die Blüten schon erschließen.
Sei mir gegrüßt du Aehrenfeld,
Mit deinen leisen Wogen,
Samt deiner blauen Blumenwelt,
Die sich hinein verflogen,
Ein Duft, berauschend süßer Art
Durchzieht die Rebengänge,
Des Sommers nahe Gegenwart
Fügt sich zum Lenzgepränge.
O schöne Zeit! es blüht der Wein
Beim Sang der Nachtigallen,
Und wenn im gold’nen Sonnenschein
Die Lerchenlieder schallen.
Und daher stammt die Liederlust
Wenn später im Pokale
Der Wein erfreut der Menschen Brust,
Belebt mit einem Male.
Und grüßt dann die Erinnerung
An Zeiten, da er blühte,
So schafft sie die Begeisterung,
Die nur für Höchstes glühte.
So mag des rechten Lebens Born
Denn in uns übergehen:
Drum sei gesegnet Wein und Korn,
Wenn wir Dich blühen sehen.
II. Erntetage.
Verblüht ist längst so Korn als Wein!
Der Aehren golden Glänzen
Lädt schon der Schnitter Scharen ein
Zu frohen Erntetänzen.
Zur Arbeit, wie zur Freude ruft
Der Sommer allerwegen,
Und Vogelsang und Blumenduft
Verschönen seinen Segen.
Bald aber streift ein kühler Wind
Ob leeren Stoppelfeldern,
Die Vöglein still geworden sind
In Büschen und in Wäldern.
Die Traube nur noch glüht und schwillt
Langsam im Rebengarten,
Es läßt des Herbstes schönstes Bild
Gern lange sich erwarten.
Wer möchte tadeln sie darum?
Ist erst auch sie genommen,
Dann wird es einsam um und um,
Dann droht des Winters Kommen.
Dann sind die Vöglein all’ verjagt,
Die Schwalben fortgeflogen,
Des Laubes Fallen traurig klagt,
Von Rot und Gold durchzogen.
Drum segnen wir die letzte Frucht
Als köstlichste von allen,
Von sonn’ger Höhe bis zur Schlucht
Ihr Dankeslieder schallen.
Ob’s „Herbsten“ heißt im Volkesmund,
Ob „es wird Wein gelesen“,
Es thut sich allwärts jauchzend kund
Ein frisch und fröhlich Wesen.
Und weithin durch die Lüfte dröhnt’s
Aus Flinten und aus Böllern.
Anwortend glänzend noch verschönt’s
Buntfeuer von den Söllern.
Das ist die letzte Erntezeit –
Wenn Trauben Most geworden:
Dann hängt der Herbst sein buntes Kleid
Still an des Winters Pforten.
Doch Scheuern, Keller heimsten ein
Des Sommers höchste Gaben:
So sei gesegnet Korn und Wein,
Wenn wir geerntet haben.
Gesegnet sei in Blüt’ und Frucht
Vor allen Gottesgaben!
Mag nun des Winters Sturm und Wucht
Das letzte Blatt begraben.
Gab uns der Sommer doch genug
Sein Scheiden zu ertragen;
Erinnerung und Geistesflug
Verscheuchen alle Klagen.