Kartoffelfeuer

Mir trübt das Weltbild keine graue Brille.
Ich liebe sehr der Sommertage Schluß.
Ich liebe sehr die Klarheit und die Stille
Und der Oktobersonne warmen Kuß.
Und wenn am Rain die Hagebutten reifen
Und blaubehaucht die herben Schlehen stehn,
Dann muß ich meinem treuen Hunde pfeifen
Und querfeldein durch Wald und Fluren gehn.

Ich fahre nichts behaglich in die Scheuer,
Wenn sich das Jahr zu seinem Ende neigt,
Doch grüß ich freudig die Kartoffelfeuer,
Aus denen prasselnd eine Flamme steigt,
Und mit den muntern Buben möcht ich springen,
Die jubelnd sich um diese Feuer mühn,
Und ärmevoll die dürren Stauden bringen,
Die prasselnd sich zu weißer Asche glühn.

Im Rauch verschwinden ab und zu die Jungen,
Der aus den Lücken bricht des losen Baus,
Dazwischen lecken rote Feuerzungen,
Und schier bedrohlich sieht’s mitunter aus.
Inzwischen aber wühlt die flinke Hacke,
Die hurtig leer den warmen Boden macht,
Und sichtlich häuft der Segen sich im Sacke,
Den ernsten Blicks der weiße Spitz bewacht.

Mit einem Scherzwort trocknen von der Stirne,
Für Augenblicke rastend, sich den Schweiß
Der rüst’ge Mann, die fixe, ros’ge Dirne,
Denn reiche Ernte lohnt der Arbeit Fleiß.
Das muntre Bild verlockte mich zum Bleiben;
Am Saum des Ackers blieb ich lächelnd stehn,
Und teilnahmsvoll hab ich dem regen Treiben,
Dem Erntefest des Volkes, zugesehn.

Collection: 
1903

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