Die alte Regel: Tausch um Tausch,
Nach jedem Fest nur Schutt und Scherben,
Ein süßer, wilder Schönheitsrausch
Und langsam dann ein qualvoll Sterben. -
Als heut dein dunkles Auge sich
Mit schnellem Aufschlag nach mir wandte,
Da kam es mächtig über mich:
Ich weiß, daß dich mein Schicksal sandte.
Ich weiß, daß mir mein Ziel gesetzt
Und kurz nur meine Zeit umschrieben,
Daß meines Lebens Flugbahn jetzt
Mit Macht in deinen Kreis getrieben.
Ich weiß auch, daß ein Strahl einst bricht
Aus deiner Augen tiefster Tiefe,
Als ob ein dunkler Zug zum Licht
Drin qualvoll um Erfüllung riefe.
Dann wirst du ein paar Stunden lang
In meinem Arm dich selbst vergessen,
Und wirst in rätselhaftem Drang
Dich wild und durstig an mich pressen.
Dann wird dein kühles Frauenhaar
Erschauern unter meinen Küssen,
Bis dann auch dies ein Märchen war
Und all die Träume sterben müssen.
Wohl wölbt sich wild dein roter Mund,
Er lockt und lacht, doch nur zum Sterben,
Denn jeder Schönheit tiefster Grund
Birgt immerdar nur Schutt und Scherben.
Und wer zu kühn der Flamme naht,
Um wild nach Glanz und Glück zu ringen,
Der endet seinen Erdenpfad
Im jähen Sturz verlohter Schwingen.
So muß bethört und lichtverwirrt
Dem Falter gleich auch ich verbluten,
Auch der fühlt, daß er elend wird
Und taumelt dennoch in die Gluten.
Ich aber weiß: er endet nicht
Ganz ohne Kampf und ohne Streiten,
Und oft verschwelt dann auch das Licht
Im Flügelschlag des Totgeweihten.
aus: Neue Gedichte von Carl Busse
Stuttgart 1896
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung Nachfolger