Was Heilige verehren
Und Bilder an Altären -
Jetzt ist es mir enthüllt,
Seit, Wonne meinen Blicken,
Mit trunkenem Entzücken
Dein Bildniß mich erfüllt.
Es lächelt mir entgegen,
Es ist mein Glück und Segen,
Mein Stern, mein Talisman;
Es mildert meine Leiden,
Es tröstet: daß das Scheiden
Nicht ewig dauern kann.
Es weiß, wie ich mich sehne,
Es sieht die scheue Thräne,
Es höret mein Gebet;
Es weiß, daß all mein Streben,
Mein Dichten und mein Leben
Zu dir, der Einen, geht.
Und wie ich an es sehe,
So fühlt es meine Nähe,
Es zittert die Contour,
Die Augen sie bewegen,
Die holden Lippen regen
Sich jetzt - das ist Natur!
Du bist es selbst, du Süße,
Ich fühle deine Küsse,
Ich höre deinen Ton;
All Elend ist versunken,
Ich juble wonnetrunken,
Wie einst Pygmalion.
Der schöne Wahn verschwindet,
Die Wirklichkeit sie findet
Mit ihrer Qual sich ein;
Doch Etwas ist geblieben,
Ich darf es sehn und lieben:
Dein holdes Bild ist mein!
aus: Freud' und Leid
Lieder und Bilder von C. Dräxler-Manfred
Hannover Carl Rümpler 1858