Meine Liebste hat einen altdeutschen Schrein,
Vier Ritter tragen die Ecken.
Dort legt sie alles hinein
In heimlichem Verstecken:
Blumen, die ich für sie gepflückt,
Zärtliche Wünsche, auf Zettel geschrieben,
Verse, die meiner Liebe geglückt,
Worte, im Herzen haften geblieben ...
Alles legt sie in diesen Schrein,
Wie in der Gruft das rosige Leben.
Ich weiß, einst schließt sie mich selber ein,
Um nie mehr den Deckel zu heben.
Blumen, heimlich für sie gepflückt,
Zärtliche Worte, auf Zettel geschrieben,
Verse, von Herzen zu Herzen geschickt ...
Was ist von euch geblieben?
Gespenstisch nur raschelt es manchesmal,
Ein Seufzer hebt sich noch trübe;
Ach, und kein erinnernder Strahl
Tastet ins Dunkel der Liebe ...
aus: Leuchtende Tage. Neue Gedichte
von Ludwig Jacobowski
Dritte Auflage Berlin 1908