An Gottfried

In jener Dämm'rung räthselhaften Stunden,
Wo, von dem Strahl des höchsten Glücks geschieden,
Das Herz sich mit dem Leben abgefunden
Und stolz und fest nichts fordert, als nur Frieden!
In jenem Wahn, dem Irrthum raschen Lebens,
Daß hinter uns der Wünsche Quell versiege,
Träumt man sich frei von Sehnsucht, der vergebens
Man Schranken baut - daß sie sie überfliege!

In jener stillen äußern Lebenskühle,
Zu der die Welt, der Schmerz, die Kraft uns zwingen -
Da fand ich Dich! Dein Herz und die Gefühle,
Die mich zurück zu Edens Pforten bringen.
Wie einst im Ost des Paradieses Pforten
Zum erstenmal die Peri bang umflogen,
Geschlossen sie den bittend sanften Worten
Auf ewig fand - wie sie dann fortgezogen,
Wie zu der Erde, ihres Himmels Bilder
Im Herzen tragend, sie herabgewiesen
Und suchend irrt, bis ihr im Frühling milder
Der Abglanz strahlt von flücht'gen Paradiesen -
Bis selig nun, o namenlos Entzücken!
Das Bild sie grüßt von ihrer Heimath Himmel.
So fand ich Dich! Nie wag' ich's auszudrücken,
Wie Du allein aufleuchtest im Gewimmel.

Der Erde Lenz zieht flüchtig bald von hinnen -
Die Peri hat vor den geschlossnen Thoren
Des Himmels, den sie träumte zu gewinnen,
Zum zweitenmal ihr Paradies verloren. -
- Weh mir! auch ich, zum zweitenmal vertrauend,
Betrat zu kühn der Träume gold'ne Brücke,
Auf flücht'gen Lenz zu feste Hoffnung bauend -
Nun wirft der Sturm mein zagend Herz zurücke.

Der Peri Herz vermag es nicht zu tragen,
Ihr Schmerz erregt der Götter mild Erbarmen,
In sanftem Schlaf wird sie hinausgetragen
Von der Gefährten hilfbereiten Armen.

- So wird der Tod auch mich von hinnen leiten,
Wenn Du mir fehlst in ew'ger Lebensleere,
Daß so die Ruh', die selbst mir zu bereiten
Ich lang' gehofft, zuletzt der Schmerz gewähre. (S. 127-128)

Collection: 
1839

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