I
Es ist Abend ...
Müde und traumhaft
Ruhst du die Glieder. -
Wieder und wieder
Sinnst du und denkst
Einsam in Dunkel
- - -
Wenn du dich in mich versenkst,
Glühen mir Lieder
Schön wie Karfunkel.
II
Mein Johannes, ich will zu dir fliegen, ...
In Schlaf dich wiegen -
Du sollst dein Haupt in meine Arme neigen
Und bei mir träumen -
Ich will dir das Wunderland zeigen,
Davon wir träumten ...
Oft ... beide ... zusammen ...
Mein Johannes, ich will bei dir lehnen,
Will mich selig sehnen ...
Du sollst mein Haar mit den Händen streichen
Und mich umfangen -
Ich will mit lindem, weichem
Wort dir die bangen
Gedanken verscheuchen ...
Mein Johannes, wir sind fern uns, ferne.
Schau an die Sterne ...
Sie sind die ewigen Zeichen
Unserer Liebe - -
Meine Seele
Mögen sie dir reichen ...
III
Unsre Seelen, Kind, sind eines Stammes,
Aus selben Wurzeln wunderbar geworden ...
Unsre Küsse, Kind, sind eines Zweiges
Blüten ...
- - -
Wir sind ineinander geschlungen, ...
Durchsungen
Von gleichen Gefühlen -
Fremd sind uns die vielen ...
Wir sind uns eins.
IV
Da wir ferne voneinander sind,
Will ich dir die Sterne alle schenken,
Will sie durch den hohen Himmel senken,
Bis sie deine Seele finden, Kind ...
Da wir ferne voneinander sind,
Will ich dir die Nacht vom Himmel bitten,
Alle Schmerzen, die um mich gelitten,
Darfst du flüsternd ihr vertrauen, Kind ...
Da wir ferne voneinander sind,
Will ich auf zum milden Monde weinen;
Er mag dir durch meine Tränen scheinen,
Bis wir einst uns wiederfinden, Kind ...
V
Unser Wesen soll sich still erfüllen
Durch alle Fährnis ...
Soll unsre Alleinigkeit enthüllen
Zu tiefster Gewährnis
Vereinten Lebens -
... Ihr trennt uns vergebens ...
VI
Jede Erfüllung
Wird unter Schmerzen ...
Unsere Herzen
Schlagen in Bängnis,
Harten Verhängnis
Bürde zu tragen ...
Dich zu erfüllen,
Mußt du entsagen -
Was wir im Stillen
Trauriges weinen,
Wird unsre Herzen
Einst wieder einen ...
VII
So sicher bin ich herrlicher Erfüllung,
Daß ich in allen Mühen
Hell das Haupt hebe ...
Daß ich Seligkeit sehe,
Indes meine Augen weinen
Ach ... um den einen,
Den ich erflehe ...
So sicher bin ich herrlicher Erfüllung,
Daß ich in allen Qualen
Jubelnd dich nenne ...
Daß meine Lippen preisen,
Indes mir das Herz bricht ...
Jubel in eins flicht
Und traurige Weisen ...
VIII
Wen hast du nun,
Der alle deine geheimen Wünsche kennt,
Und alle deine zarten Träume weiß,
Alle deine lieben Freuden mit dir fühlt,
Deine bangen Leiden mit dir weint ...?
Sage, o sage, wen hast du nun ...?
Der dir Rosen bricht zu jubelndem Spiel,
Der dir Kränze windet aus mondbleichen Blüten,
Der dir Lieder singt, die vor Sehnsucht weinen,
Und Lieder singt wie Sonne so hell ...?
Sage, o sage, wen hast du denn ...?
Der dir linde die kleinen Hände streicht,
Der in süßer Liebe sich zu dir neigt,
Wann es dunkelt,
In der Nacht, in der Nacht,
So alle deine Wünsche sind aufgewacht
Und deine Seele dir die Sehnsucht zeigt
In der Nacht -
Sage, o sage, wen hast du nun,
Der dich küßt in der Nacht, so lieb - o so lieb -
So allselig in dir -
Sage, wen hast du nun?
(Band 1 S. 203-205)
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