Herr, wir heben unsre Hände
Und wir schreien, Gott, zu Dir:
Mach' mit unserm Leid ein Ende,
Herr, denn sonst verschmachten wir!
Laß den Kelch vorübergehen,
Wenn Du Mitleid mit uns hast.
Denn wir können nicht bestehen
Vor der übergroßen Last.
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Stille, armes Herz, sei stille,
Stille, und ergieb Dich Mir;
Daß Du leidest, ist Mein Wille,
Aber sieh, Ich helfe Dir!
Sieh, den Kelch den mußt Du trinken,
Und Du mußt durch's rothe Meer,
Aber Du sollst nicht versinken,
Und die Last ist nicht zu schwer.
Sieh, Du mußt Mir stille halten,
Sei die Last auch noch so groß;
Läßt Du Meine Hand nur walten,
Meine Hand läßt Dich nicht los.
Es sind lauter Liebesschläge,
Machen sie das Herz auch wund.
Es sind lauter Himmelswege,
Sind sie dornig gleich zur Stund.
Mußt Du durch die Wüste gehen,
Führt sie doch nach Canaan,
Und dereinst laß Ich Dich sehen,
Warum wüste war die Bahn.
Nein, Du darfst nun nicht mehr klagen,
Daß Dein Kreuz Dir sei zu schwer,
Denn Ich hab's voran getragen,
Und Ich bin Dein Gott und Herr!
Nun so gieb Mir Deine Hände
Und verlaß Dich ganz auf Mich,
Denn zum allerbesten Ende,
Auf zum Himmel führ' Ich Dich!
Komm und laß Dein Herze tauchen
In Mein volles Gnadenmeer,
Weil Du noch wirst Kräfte brauchen,
Denn der Kelch ist noch nicht leer.
Komm und laß Dein Herze stillen
In der klaren Gnadenfluth,
Komm, ergieb Dich Meinem Willen,
Denn das Leiden ist Dir gut!
Doch wenn Du einst ausgelitten,
Durchgekämpft den schweren Strauß,
Will Ich Dich zur Hochzeit bitten,
Dort in Meines Vaters Haus.
Dann wirst Du von ganzem Herzen
Danken Mir für dieses Leid,
Und für alle Deine Schmerzen
Loben Mich in Ewigkeit!
aus: [Anna Karbe] Immergrün
Lieder einer früh Heimgegangenen
Mit einem Vorworte von Emil Frommel
Berlin Verlag von Wiegandt & Grieben [1876]