Das wäre nicht die rechte Freude,
Die vor dem Ernst so völlig schützt,
Daß Mancher sinnend nicht auch heute
Das Haupt in seine Rechte stützt,
Daß nicht ein Tropfen Zorn und Trauer
Ihm in den Kelch des Jubels fällt,
Daß es ins Ohr ihm nicht wie rauer
Und wilder Ruf zum Kampfe gellt.
„Wie Ruf zum Kampf?“ Als ob in Waffen
Die Welt nicht aller Orten starrt!
Die Klinge saust, die Wunden klaffen
Und unsre Zeit ist streng und hart.
Wohl herrscht für lange Jahre Frieden
Im Geistesreich und tiefe Ruh –
Uns aber ward der Kampf beschieden
Und der Entscheidung treibt er zu.
Es ist im Reiche der Gedanken
Wie nie zuvor entbrannt der Streit
Und auch die stärksten Säulen wanken
Am Glaubensbau der alten Zeit.
Es schmilzt das Bild der alten Normen
In Zweifelsgluthen und zerfließt,
Damit das Erz in neue Formen
Der Geist der Menschheit wieder gießt.
Die alten Träume abzustreifen,
Ist immer schwer und immer Schmerz,
Und dennoch gilt’s: Partei ergreifen
Mit Hand und Mund, mit Kopf und Herz.
Die Noth der Zeit erlaubt kein Säumen
Und scheucht uns fort vom warmen Herd
Und schreckt uns auf aus sanften Träumen
Und drückt uns in die Hand das Schwert.
Vor diesem Kampf und seinen Sorgen,
Vor seinem Lied und seiner Pein,
Kann nur ein kaltes Herz geborgen,
Ein stumpfer Sinn behütet sein.
Wer aber bricht bei diesem Ringen
Die Bahn in stolzem, treuem Muth?
Wer muß die schwersten Opfer bringen?
Der vierte Stand – die Vorderhut!
Die Fahne, die dem dritten Stande
Vorangeweht bei kühner That,
Er gab sie preis zu seiner Schande
Durch feigen, tückischen Verrath.
Sie lag im Staub – zerfetzt und blutig
Das Bannertuch, geknickt der Schaft –
Da aber hat sie todesmuthig
Der vierte Stand emporgerafft.
Er läßt im Winde rauschend wehen
Die heil’ge Fahne „Ideal,“
Und wird mit ihr im Kampfe stehen
Und schirmen sie mit blankem Stahl.
Er wird sie fest und sicher halten,
Und wenn die Freiheit doch verdirbt,
So hüllt er trotzig in die Falten
Des heil’gen Banners sich und – stirbt.
Er wird nicht sterben, er wird siegen!
Vorbei der Lüge finstre Zeit,
Und ewig kann nicht unterliegen
Auf Erden die Gerechtigkeit!
Wie Fischer einst zu großen Dingen
Der Nazarener ausgesandt,
So ist zu herrlichstem Vollbringen
Erkoren jetzt der letzte Stand.
Wir stehn im ersten Morgengrauen,
Und kalt ist Alles, trüb und feucht –
Wer aber wird die Sonne schauen,
Die alle Schatten strahlend scheucht?
Wir streu’n die Saat: Von unsern Söhnen
Wird einst die Ernte eingebracht –
Das ist es, was bei Jubeltönen
So Manchen ernst auch heute macht!