Fernsicht

Auf des Berges höchstem Scheitel
Steh' ich allezeit so gerne,
Wandersehnsucht, Wunderahnung
Zieht mich nach der lichten Ferne.

Und im Herzen hör' ich's rauschen,
Jubelschlag von Adlerschwingen,
Und es wähnt die trunkne Seele,
Durch's Unendliche zu dringen.

Doch wie bald wird's bang' und öde,
In dem schwindlich weiten Raume,
Und nach einer Stelle flücht' ich
An der Berge blauem Saume.

Schwimmen doch wie sel'ge Inseln
Wollig weiche Wolken drüber,
Und nach deinen lieben Augen
Fliegt mein mildes Herz hinüber.

Ja, ich seh' dich grüßend wallen
Durch die fernen Lichtgefilde,
Und mein Wähnen und mein Träumen
Wird mir zum lebend'gen Bilde.

Collection: 
1859

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