Erste und letzte Gunst

Als wir uns jung und unverhofft gefunden,
Von Blüten überschneit im Wonnemai,
Hat unser süß berauschtes Herz empfunden,
Daß ohne Liebe hier kein Leben sei.

Du gabst die erste Gunst; kein Widerstreben, -
Und meine Lippe sog der Seele Kuß,
Da warf die Zeit uns Schatten in das Leben,
Und um die Wonne tauschten wir Verdruß.

Die Jugend schwand, nicht weiser ward das Alter,
Die Sehnsucht floh, die Hoffnung selbst entwich,
Nun fleht die Rose zum verblich'nen Falter:
Als letzte Gunst, mein Freund, verlasse mich!

Collection: 
1855

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