Seit Jahren kam stets in der Waldbeerzeit
Tief aus den Ruhrabergen eine Frau
Den stundenweiten Weg her bis zu uns.
An beiden Armen trug sie schwer die Last
Der würz’gen Waldesfrucht im Henkelkorb,
Zum dürftigen Verkaufe Tag um Tag.
So lang’ die Ernte anhielt und die Frucht
Durch Regenfall nicht schon zuvor verdarb,
Kam auch mit ihrem Korb die Händlerin. –
Die Waldbeerfrau, so wurde sie genannt,
War eine Bergmannswittib und ihr Mann
Im Schacht erschlagen bei der Sprengarbeit. –
Acht Kinder blieben vaterlos zurück,
Gesund und hungrig – und sie hat die acht
Ernährt und großgezogen – wack’res Weib!
Vier Ziegen halfen ihr dabei, der Wald
Gab Streu und Futter reichlich und noch mehr
An Holz und Pilzen und an Beerenobst. –
So ging’s und hat sie fertig es gebracht,
Ich sag’ es war ein Weib, wie’s wen’ge gibt,
Die Kinder groß zu zieh’n in Zucht und Ehr’. –
Nun ist sie tot, die wack’re Waldbeerfrau,
Die uns so oft bei heißem Sommertag
Geletzet hat mit ihrer würz’gen Frucht. –
Und seh’ ich jetzt, ’s ist wieder Beerenzeit,
Die Frauen zieh’n mit schwerem Henkelkorb
Tief aus den Ruhrabergen her zu uns –
So denk’ ich deiner, braune Annelies,
Und wähne wieder dich vor mir zu seh’n,
So prall und nett, wie ich dich damals sah’. –
Erinnerung malt meinem Aug’ dein Bild –
Du aber schläfst auf grünem Waldkirchhof
Den langen Schlaf – und dir ist wohl, ganz wohl.