Die Sterne

Die Nacht ist lau, die Nacht ist lind,
Der Wind bringt Grüße aus der Ferne -
Du sitzest stumm, mein schönes Kind,
Und blickst hinan, und zählst die Sterne.

O sprich ein Wort: Was deutet dein
Verklärter Blick aus jenen Sphären?
Glaubst du wie ich, es muß dies Sein
Noch jenseits dieser Erde währen?

Glaubst du, ein Volk von Sel'gen singt
Auf jenen Sternen Jubellieder!
Sind's schöne Engel, leichtbeschwingt?
Und du, von welchem stiegst du nieder?

Vom schönsten! Kühn ruf ich das Wort!
Doch wie die Flur auch grün und golden,
Es suchen Augen dich noch dort
Und denken deiner noch, der Holden.

Wie schön auch dort die Blumen blühn,
Es muß doch den verklärten Seelen
Zu vollem Glücke noch das Glühn,
Geliebte, deiner Augen fehlen!

Drum wende, wende ab den Blick
Vom Heimathland, das dich geboren,
Aus Furcht, man riefe dich zurück,
Dich Engel, den man dort verloren.

Mein Schicksal ist bei dir, mein Kind,
Dein Leben ist noch nicht gemessen,
Mag dich der Himmel, mild gesinnt,
Noch eine Zeitlang hier vergessen!

aus: Blüthen und Perlen deutscher Dichtung
Für Frauen ausgewählt von Frauenhand
Hannover Carl Rümpler 1862

Collection: 
1846

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