Im Herbst 1788
Hebst du wieder an zu streben,
Wunsch der Lieb' in meiner Brust?
Wie die Wellen sanft sich kräuseln,
Wenn am See die Lüfte säuseln,
Wie sie um's Gestade weben,
Also schmeichelt meiner Brust
Neue Sehnsucht, neue Lust.
Schmeichelt nur, ihr Wind' und Wellen!
Eure Tück' ist mir bewußt.
Wißt so kühl heran zu schwellen,
Wißt so lieblich einzuladen,
Sich in eurem Schooß zu baden:
Doch mit Kummer und Verlust
Lohnt ihr die bethörte Brust.
Einmal habt ihr mich belogen,
Schmeichellüfte, Silbersee!
Lüstern sprang ich vom Gestade,
Tauchte Stirn und Brust in Wogen;
Fortgewiegt im lauen Bade,
Sah ich rings nur glatten See,
Obenher azurne Höh.
Ach, die blaue Höh ward düster,
Wild der Waßerwogen Scherz,
Sausen ward des Winds Geflüster.
Zwischen Strudeln, zwischen Klippen,
Klagt' ich mit erblaßten Lippen,
Rief nach Rettung, und mein Herz
Fluchte nun auf Bad und Scherz.
Doch durch Aufruhr und Getümmel,
Nacht und Grausen, fern und nah,
Zog zu des Gestades Schilfe
Mich zurück der Götter Hülfe.
Sieh, da lächelte der Himmel!
Leise Lüfte, fern und nah!
Spiegelflut, wohin ich sah!
Und ich seufzte Dank den Rettern,
Schaute matt zur Himmelshöh.
Aber bald, entbrannt im Grimme,
Schwur ich, sang's mit rascher Stimme:
Nichts bei Menschen, nichts bei Göttern,
In der Tief' und auf der Höh,
Sei so falsch wie dieser See.
Fühllos schlanget zwar ihr Wellen
Meines Liedes Pfeil hinab.
Aber will, bei eurem Schwellen,
Nun mein Herz sich lüstern regen,
Donnert euch mein Schwur entgegen;
Schelt' ich vom Gestad' herab:
Glatter Abgrund! lächelnd Grab!