Ich war ein junges Kinderblut
Mit Frühroth auf den Wangen,
Mein Sinn war leicht und froh mein Muth
Da kam die Lieb' gegangen.
Die Lieb' mit Augen fromm und blau,
Hätt' ich sie nie gesehen!
Die Lieb', die Lieb', die Märchenfrau,
Da war's um mich geschehen!
Sie hat von selb'ger Stunde an,
Gott mög's ihr nicht gedenken,
Mir alles Herzleid angethan,
Mit Tücken und mit Schwänken.
Sie hat mein Brod in Stein verkehrt
Und meinen Wein in Hefe,
Und Nachts zu Possen mir bethört
Das Blut in Herz und Schläfe.
Sie hat mir in die Augen Sand
Gestreut, die Unheilfreud'ge,
Und meinen armen Kopf aus Rand
Und Band gebracht, die Leid'ge!
Sie hat zuletzt mich gar vor's Thor
Am Narrenseil geführet,
Und unter freiem Himmel vor
Den Leuten exerziret.
Da aber trug ich's länger nicht,
Mir stieg das Blut zu Kopfe,
Ich warf die Langmuth hinter mich
Und nahm die Lieb' beim Schopfe.
Und setzte frisch sie vor die Thür,
Und ohne sond'res Grüßen
Fein säuberlich dann hinter ihr
Thät ich mein Herz verschließen.
Ach Gott, was habe ich gethan,
Nun hebt die Reu' zu nagen
Mit leisen Mausezähnen an,
Als hätt' ich wen erschlagen.
Nun sieht mich die Erinn'rung an
Mit vorwurfsstillem Grüßen,
Und emsig zirpt und singt fortan
Das Heimchen im Gewissen!
Ich hab' nicht Freud', nicht Frieden mehr,
Die Welt ist mir verdorben,
Mein Blut ist krank, mein Kopf ist leer,
Mein Herz ist wie gestorben.
Und wüßt' ich nur wohin die Lieb',
Die leid'ge Lieb', gegangen,
Ich lief in Eilen wieder hin
Und gäb' mich ihr gefangen.
Aus: Poetischer Nachlaß
von Freiherrn Karl von Fircks
Leipzig Franz Wagner 1871