Deutung

Was ist die Liebe? Les't es, zart geschrieben,
Im Laut des Worts: es ist ein innig Leben;
Und Leben ein im Leib gefeßelt Streben,
Ein sinnlich Bild von ewig geist'gen Trieben.

Der Mensch nur liebt: doch ist sein erstes Lieben
Der Lieblichkeit des Leibes hingegeben.
Will sich, als Leibes Gast, der Geist erheben,
So wird von Willkür die Begier vertrieben.

Doch unauflöslich Leib und Geist verweben
Ist das Geheimniß aller Lust und Liebe;
Leiblich und geistig wird sie Quell des Lebens.

Im Manne waltet die Gewalt des Strebens;
Des Weibes Füll' umhüllet stille Triebe:
Wo Liebe lebt und labt, ist lieb das Leben.

Collection: 
1846

More from Poet

  •  
    Die Jugend flieht, die Hoffnung ist zerronnen,
    Des Lebens Blüthen fallen welkend ab,
    Und unerreichbar fern sind meine Wonnen,
    Und stumm und einsam bin ich wie ein Grab.
    Im ganzen weiten Reich der Wesen
    Hast du...

  •  
    I.
    Die Grazien besprachen mit einander
    Sich von der Menschenbildung Zügen einst,
    Wie die Natur in ihrer holden Zierde
    Die Seele ausgesprochen, und wie jedem
    Belohnende Bestimmung sie verliehn.
    Die...

  •  
    Des Freundes Zunge sprach zu der Geliebten Lippen:
    Was ist's, das, mich zu bannen, euch bewegt?
    Laßt mich nur Einmal euren Nektar nippen!
    Ich bin ein Pfeil der keine Wunde schlägt.
    Ich bin beredt, ich lisple Huldigungen,...

  • Der Vogel Zeus, der Träger mächt'ger Blitze,
    Als ihn sein Fürst zum Raub auf Ida sandte,
    Hielt er den Knaben, der sich zagend wandte,
    Behutsam, daß ihn nicht die Klaue ritze.

    Doch über Reiz und Anmuth rollt' in Hitze
    Sein Auge...

  •  
    Der Frühlingssonne holdes Lächeln
    Ist meiner Hoffnung Morgenroth;
    Mir flüstert in des Westes Fächeln
    Der Freude leises Aufgebot.
    Ich komm', und über Thal und Hügel,
    O süße Wonnegeberin,
    Schwebt, auf des...