Der welke Kranz

 
Es war noch Mai, da hast du sie gebrochen,
In Blumen ausgesprochen,
Selber Blüthe,
Was blühend im Gemüthe
Schon sich regte
Und heilig sich bewegte,
Was kindlich, ach! der Freund so gerne hegte,
Wenn sie ihr Herzchen legte
An das seine,
Wo ich nun ewig weine.

Die Veilchen sandte mir das Kind zum Zeichen,
Die so mein Herz erweichen,
Daß die Augen
Den Schmerz, den sie nun saugen,
Nie vollenden,
Sich oft noch zu ihr wenden,
Und finden welk den Kranz dann in den Händen,
Wie der, hat sie, zu enden
Früh erkoren,
Sich unbewußt verloren.

Nimm hin die hohe, köstlich liebe Gabe,
Das Einz'ge, was ich habe
Von der Theuern,
Ihr Bild mir zu erneuern,
Wenn in Thränen
Dem Tode zu das Sehnen
So gern entflieht des Daseins eitlem Wähnen.
Doch erst laß mich in Thränen
Ganz versenken
Das süße Angedenken!

Uns, die in Lust des Todes Leben fanden,
Kühn die Natur verstanden
In den Flammen,
Wo Lieb' und Schmerz zusammen
Uns verbunden,
Uns sei die Stirn umwunden
Vom Zeichen, dessen Sinn wir längst gefunden.
Denn blühten aus den Wunden
Oft nicht Rosen,
Uns schmerzlich liebzukosen?

Laß denn des Mädchens Schatten uns umschweben,
Der Wehmuth hingegeben,
Bis wir im Tode Eins noch inn'ger leben,
Und dann dieß tiefe Streben
Ganz vereinet,
Das lächelnd sich beweinet.

Collection: 
1846

More from Poet

  •  
    Die Jugend flieht, die Hoffnung ist zerronnen,
    Des Lebens Blüthen fallen welkend ab,
    Und unerreichbar fern sind meine Wonnen,
    Und stumm und einsam bin ich wie ein Grab.
    Im ganzen weiten Reich der Wesen
    Hast du...

  •  
    I.
    Die Grazien besprachen mit einander
    Sich von der Menschenbildung Zügen einst,
    Wie die Natur in ihrer holden Zierde
    Die Seele ausgesprochen, und wie jedem
    Belohnende Bestimmung sie verliehn.
    Die...

  •  
    Des Freundes Zunge sprach zu der Geliebten Lippen:
    Was ist's, das, mich zu bannen, euch bewegt?
    Laßt mich nur Einmal euren Nektar nippen!
    Ich bin ein Pfeil der keine Wunde schlägt.
    Ich bin beredt, ich lisple Huldigungen,...

  • Der Vogel Zeus, der Träger mächt'ger Blitze,
    Als ihn sein Fürst zum Raub auf Ida sandte,
    Hielt er den Knaben, der sich zagend wandte,
    Behutsam, daß ihn nicht die Klaue ritze.

    Doch über Reiz und Anmuth rollt' in Hitze
    Sein Auge...

  •  
    Der Frühlingssonne holdes Lächeln
    Ist meiner Hoffnung Morgenroth;
    Mir flüstert in des Westes Fächeln
    Der Freude leises Aufgebot.
    Ich komm', und über Thal und Hügel,
    O süße Wonnegeberin,
    Schwebt, auf des...