Der Fischer

Der Fischer zieht den Kahn ans Land
Und schreitet auf und ab am Strand;
Umwölkt sind seine Mienen.
Sein Herz ist krank, sein Herz ist weh,
Heut' ist die schöne Wasserfee
Ihm auf der Fahrt erschienen.

Sie lockte ihn mit süßem Mund:
Komm' mit zum Schloß auf Meeresgrund,
Sag' Lebewohl der Erde;
Dort unten wohnt allein das Glück,
Hier oben läßt du nichts zurück
Als Arbeit und Beschwerde.

Der Fischer aber sagte: Nein!
Ich hab' daheim ein Liebchen fein
Mit rosenroten Wangen.
Mich locket nicht dein Zauberreich;
Nach deiner Schönheit kalt und bleich
Mein Herz trägt kein Verlangen.

Nun denkt er an das schöne Weib,
Sieht ihren wunderholden Leib
Im Wellenschaum zerfließen.
Ein heißes Sehnen ihn beschleicht;
Daß er ihr nicht die Hand gereicht,
Ihn will es schier verdrießen.

Es ist umsonst, er weiß es schon,
Daß einmal nur dem Erdensohn
Erscheint solch Wunderwesen.
Er drückt die Hand aufs wunde Herz,
Ihm ist, als könnt' von seinem Schmerz
Er niemals mehr genesen.

So schreitet er dem Dörfchen zu.
Das liegt in feierlicher Ruh
Vor ihm im Abendscheine.
Nun stockt sein Fuß, er ist zur Stell',
Ein Lachen klingt, so silberhell;
Er ist nicht mehr alleine.

Sein Liebchen steht am Gartenzaun
Mit Wangen rot, mit Augen braun,
Mit süßem, keuschen Munde.
Drauf küßt er sie unzähl'ge Mal;
Verschwunden ist die Herzensqual,
Er wird gesund zur Stunde.

Collection: 
1896

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