(1890.)
Das war vor der Entscheidungsschlacht
In eurem Lager wüstes Lärmen!
Die Becher klangen durch die Nacht,
Musik, Geschrei und trunknes Schwärmen.
Wir sahen euch im Tanze drehn
Durch euer Lagerfeuer Qualmen
Und ließen uns herüberwehn
Vom Wind die Melodie von Psalmen.
Da ward gebetet und geflucht,
Denn abseits von der tollen Rotte
Hat zitternd Trost und Schutz gesucht
Das Muckerthum bei seinem Gotte;
Und während auf den Knieen lag
Mit Angstgeplärr der Troß der Pfaffen,
Schliff pfeifend für den „Ehrentag“
Der Uebermuth sich seine Waffen.
So habt ihr, prahlend und verzagt
Und mit geheucheltem Vertrauen,
Die Nacht verjubelt und verklagt,
Statt ernst aufs gute Recht zu bauen;
Und während still das Dunkel wich
Dem Tag und seiner Strahlenkrone,
Vollzog in finstrem Schweigen sich
Der Aufmarsch unsrer Bataillone.
Vernehmlich liefen durch die Reih’n
Geflüsterte Kommandoworte;
Ein Jeder stand im Morgenschein
Geschlossen am bestimmten Orte.
Wir wußten, wo der Gegner stand,
Und konnten nicht im Wege irren,
Und wenn ein Laut sich hob und schwand,
So war’s der Waffen leises Klirren.
Wohl krampfte zornig sich die Hand,
Wohl schlug das Herz in heißem Grimme,
Doch selbst die tiefste Wallung fand
In diesen Stunden keine Stimme,
Und kaum ein Lächeln ward getauscht
Von Freunden, wie ein ernstes Mahnen,
Als leicht im Morgenwind gerauscht
Die ehrenreichen rothen Fahnen.
Ein Wink, dann ein Trompetenstoß,
Ein Schrei des Hasses tausendstimmig –
Und furchtbar brach das Wetter los,
Wildschön, erhaben, aber grimmig!
Das war kein zierlich Lanzenspiel,
Das war ein Kampf auf Tod und Leben,
Und wer von unsern Hieben fiel,
Dem wurde kein Pardon gegeben.
Und wie sie fielen! Links und rechts
Brach’s wie der Sturm in ihre Glieder,
Warf rauh die derbe Faust des Knechts
Die zarten, seidnen Herrlein nieder.
Der Sturm zerblies ihr Heer wie Schaum –
Sie suchten sich umsonst zu sammeln,
Und selbst die Frömmsten fanden kaum
Die Zeit, ein Stoßgebet zu stammeln.
Ward deinesgleichen je gesehn,
Gewaltigste der Niederlagen?
Um die Armada war’s geschehn,
Bevor sie sich noch recht geschlagen;
Und mancher prahlerische Held,
Geziert mit Federn und mit Ketten,
Irrt jammernd flüchtig übers Feld
Und sucht verzweifelnd sich zu retten.
Die sich gebrüstet und gebläht,
Als ob sie Keiner jemals schlage –
Wie Garben liegen sie gemäht
Nach diesem großen Ehrentage,
Und die voll Hochmuth uns gedroht,
Daß sie uns fesselten und bänden –
Kein Hund nimmt einen Bissen Brot
Nach diesem Tag aus ihren Händen.
Nach ihren stolzen Fahnen greift
Die Hand des Niedrigsten und Letzten;
Durch Blut und Koth der Wahlstatt schleift
Er spöttisch singend die zerfetzten:
Und was nur splitterte, nicht brach,
Entrann nicht rächenden Geschicken,
Denn unter dieser Last von Schmach
Wird es wie Rohr zusammenknicken.
Wir aber stehen stumm und dicht
In Massen wieder und Kolonnen;
Wir sind die blöden Narren nicht,
Zu glauben, Alles sei gewonnen.
Das große Schauspiel hat gepackt –
Es kehrt mit einem Eisenbesen;
Doch ist’s, ihr Herrn, der erste Akt
Des Riesendramas nur gewesen!