Den Manen Johann Gottfried Pahl's

Den Manen Johann Gottfried Pahl’s.

Was berühmt ihr euch mit diesen Tagen,
Und was preißt als groß ihr sie so warm?
Tage, reich an Worten nur und Fragen,
Doch an Männern und an Thaten arm?
So viel Bäume jetzt auch Blüthen tragen,
So viel Blumen rings auch zeigt die Au,
Wo sind sie, die Stämme, welche ragen
Fruchtvoll, stark, die Krone hoch im Blau?

Wo sind sie, die herrlichen und schlanken,
Jene Göttersöhne unsres Hains?
Längst die Palmen und die Cedern sanken,
Und uns blieb von ihren Häuptern keins.
Selbst die Eichen und die kern’gen Buchen
Selten werden sie im deutschen Bann,
Bald wird lange man nach einem suchen,
Der das Wort verdient: „Das ist ein Mann!“

Aber du, du warst ein Mann! Mit Würde
Trugest du der deutschen Erde Noth,
Deutschen Geistes allgemeine Bürde,
Aß’st im Schweiß des Angesichts dein Brot.
Ohne Klage liefst du, ohn’ Ermatten,
Durch den Glutsand deiner Bahn dahin,
Erst der Abend gab dir kühlen Schatten,
Labetrank und Ruh auf weichem Grün.

Felsen sah vom Wetter ich durchschüttert,
Sturmfest standen sie in sichrer Ruh,
Von dem Blitz gekreuzt, doch unzersplittert:
So ein Fels und Mann, so warst auch du.
Des Geschickes schwere Schläge fuhren
Auch auf deine eherne Gestalt,
Gruben äzend ein die Flammenspuren,
Doch du standst, sie löschten, abgeprallt.

Greise werden meist jetzt unsre Jungen
Eh das Roth sich von der Wange stahl;
Doch von siebzig Jahren unbezwungen,
Flammte frisch aus dir der Jungend Strahl.
Feuer ward dein Aug, die Wange Feuer,
Deine Zunge Feu’r, ein Schwert gezückt,
Galt es jene Schlangenungeheuer,
Die der Menschheit schönen Leib umstrickt.

Nach dem Herzen deutend mit der Rechten,
Mit der Linken weisend nach dem Licht,
Sprachest du in deiner Zeit Gefechten,
Wie ein Priester seines Volkes spricht.
Da, als unter fremdem Fuß gebeuget
Auch zu seufzen nur es sich gescheut,
Hast du laut, ein Held, für es gezeuget,
Dich dafür zu opfern, selbst bereit.

Taghell, wie die Sonne, war der Glaube,
Den du nanntest deines Lebens Ruh,
Frei von jedem nachtgespinnst’gen Laube,
Ging dein Weinstock seiner Reife zu.
Du warst Mensch im priesterlichen Kleide,
Feind der finstern Heuchelei der Zeit,
Deines Geistes Element war Freude,
Schönes Leben der Geselligkeit.

Golden war der Saame, durchgesichtet,
Den du in die Furchen deiner Zeit,
Deren Nacht du rastlos mitgelichtet,
Als ein Treuer deines Volks gestreut.
Starb auch in der Erde, die’s empfangen,
Jenes Saamenkorn längst modernd ab,
Eine reiche Aerndte aufgegangen
Wallet blühend über deinem Grab.

Gerne schmückt den Sarg geliebter Todten
Noch die Freundschaft mit dem Blumenkranz.
Und der Sänger wählt das Lied zum Boten
Nach den Ufern jenes sel’gen Lands.
Beut das Leben, wie in diesen Tagen,
Wenig, was die Harfe feiern kann:
Ziemt’s, an todter Männer Grab zu klagen,
Und ich klage dich, du warst ein Mann!

Collection: 
1839

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