An den Geliebten

Wie ist es nur so bald geschehen,
Daß ich dir, Mann, mein Alles gab?
Darf ich dir in die Augen sehen,
Und wendest du dein Haupt nicht ab?
O laß mich ruh'n in deinen Armen!
Dein Blick ist hold und voll Erbarmen.

Gewiß, du hältst es nicht für Sünde,
Daß ich dich liebe, theurer Mann!
Denkst Böses nicht von deinem Kinde,
Das dir nun nichts mehr geben kann.
Hätt' ich noch mein jungfräulich Leben -
Ach, nochmals wird ich's dir ergeben!

So hast du ganz mich hingenommen;
Vorüber ist der Kindheit Scherz.
Nun mögen Leid und Schmerzen kommen!
Du drückst ja schirmend mich an's Herz.
O daß so hold dein Sinn verbliebe,
Mich werth zu achten deiner Liebe!

Ich lieg' vor deinem Geist im Staube,
So herrlich stehst du neben mir;
Doch ist's dein Herz, an das ich glaube,
Und betend blick' ich auf zu dir:
Ach, Leib und Seele bis an's Ende
Befehl' ich nur in deine Hände!

Collection: 
1859

More from Poet

     

Das Mondlicht ist versunken kaum,
Herr Odin sitzt am Galgenbaum,
     Die Todten reden leise.

„Ihr drei Gesellen über mir,
Nun saget an, was raunet ihr?“
     Die Todten reden leise.

„Wir harren auf klein wild Waltraut,
Die Zeit wird lang...

Ich saß in finstrer Trauer,
Mir war das Herz so schwer, -
Da kam aus dunkler Ferne
Einsam ein Stern daher.

Er glänzt wie eine Thräne,
Die stille Sehnsucht weint,
Die wie ein Blick der Hoffnung
Aus treuen...

Und weil ich denn von dannen muß,
Und all' mein Glück vergangen,
So laß dich mit bethräntem Kuß
Ach, einmal noch umfangen!

O blick' mir nicht so sehniglich
Hervor aus deinen Thränen!
Es soll hinfort kein Auge sich...

Dein Antlitz ist kein heißer Tag,
Es ist ein milder Mondenschein;
Dein Herz bewegt kein wilder Schlag,
Der Friede Gottes schließt es ein.

Mein Auge glüht, mein Auge ist wild,
Sein einz'ger Friedensstern bist du,
Und...

VI.

VI.
Ich bin erwacht von wilden Träumen,
Du aber schlummerst sanft und mild.
Schon will ein Grau die Wolken säumen,
Doch schweigend liegt noch das Gefild.

Da ruht dein Leib! – In sanfte Wellen
Ist aufgelöst der...