Was dieses Rund umfasst / was man kann irrdisch nennen /
Das muß auch mit der Zeit die Flüchtigkeit erkennen /
Und eilt dem Ende zu: die Tugend selbst hört auff /
Wenn nun der letzte Tag hemmt aller Tage Lauff.
Die Liebe aber wird zu keiner Endschafft kommen /
Und wie sie vor der Welt den Anfang hat genommen /
So wird sie / wann die Welt auch nicht mehr Welt wird seyn /
In vollem Glanze stehn / in güldnem Himmels-Schein.
Die Liebe hat zu uns das höchste Gut geneiget /
Und dass ein Sterblicher die Sternen-Stadt besteiget
Das macht der liebste Zug. Hier wird kein Reich bestehn /
Wenn es die Liebe heißt auß seinen Gränzen gehn /
Kein König wird mit Ruhm sein Haupt durch Cronen zieren /
Wo er die Liebe nicht den Scepter läst regieren /
Ja / wo die Liebe nicht die unterthanen bindt /
So wird das Regiment auff bloßen Sand gegründt.
Es fället ohne sie die schönste Stadt der Erden /
Weil durch uneinigkeit sie kann verderbet werden /
Wo aber Liebe nur die Nachbarschafft ergötzt /
Da wird Gerechtigkeit und Einigkeit erhalten /
Daß der Geringste kann die Pflicht mit Lust verwalten.
Auch wird des Lehrers Sinn durch sie dahin gebracht /
Daß er die gröste Müh / Gefahr und Noth verlacht.
Wenn zwey Verbundne sich in treuer Liebe weyden /
So ist ihr Ehestand ein Paradies der Freuden /
Fehlt aber Einigkeit / wird er der Höllen gleich /
Weil auch der Zanck und Streit herrscht in des Satans Reich.
Und wie uns insgesamt die Liebe hat erzeuget /
So sind wir auch von ihr umfangen / und gesäuget /
Der Eltern Liebe drückt bey aller Angst und Müh
Die Augen gleichsam zu; hingegen öffnet sie
Dieselben Sorgen voll / auch wohl mit Thränen-Quellen /
Wenn sich Gefahr und Noth den Kindern zugesellen.
Die edle Liebe ist die Freundin der Gedult /
Der Sanftmuth Pflegerin / verkehret Zorn in Huld
Wenn sie der Feindschafft wehrt / ja, Haß und Neid zerstöhret /
und alle Härtigkeit von den Gemüthern kehret;
Catonis ernster Sinn schien Eyß und Stahl zu seyn /
und gleichwohl schmelzet ihn der Liebe Sonnenschein.
Es hat die Freundlichkeit zur Mutter sie erlesen /
und will man jetzo sehn ihr' mehr als köstlichs Wesen /
So schaue man nur an das wohlgebohre Paar /
Das heute wird geführt zu Priester und Altar.
Der Herr von Ende ließ die Liebe zeitlich brennen /
Die Flamme gegen GOtt gab sich bald zu erkennen /
Weil er mit reinem Ernst und stillem Muth verricht /
Wozu ein frommes Kind des Höchsten Wort verpflicht /
und darauff hub er an die Themis zu umfassen /
Die ihn / als ihr Gemahl / nicht ohne Treu gelassen /
Es hat Minerva ihn auch liebes-werth geschätzt /
und mit gelehrter Kost gespeiset und ergötzt.
Wie nun ein edler Geist mehr Regung pflegt zu fühlen /
und reine Liebe sich weiß artig einzuspielen /
Weil sie die Meisterin von allen Künsten bleibt /
und eine Neigung ist / die GOtt ins Herze schreibt /
So wollte auch ihr Glanz sein hohes Herz bestrahlen /
Ein Bild / in das sich selbst die Anmuth wollen mahlen /
Ein Fräulein / das in GOtt und Tugend sich verliebt /
Verursacht / dass er ihr sein Herz zu eigen giebt.
Die wohlgebohrne Braut kann nun mit Lust empfinden /
Wie GOtt die Sinne weiß einander zu verbinden /
Sie hat ihr hohes Haus zwar hoch und werth geschätzt /
Doch ist in Königs-Feld / was sie noch mehr ergötzt.
Nun GOtt vermehre selbst die keusche Liebes-Flammen /
Er binde Herz und Herz je mehr und mehr zusammen /
Er lasse Königs-Feld voll Freuden-Blumen stehn /
und in demselbigen des Glückes-Lüffte wehn.
Er lege selbst auff sie den Seegen seiner Hände /
So leben sie vergnügt / sie lieben ohne Ende:
Der hohen Eltern Herz sey durch sie wohl vergnügt /
Zumahl / wenn Kindes Kind in dero Schose liegt.
Daß sich der Ahnen Ruhm durch neue Zweige mehret /
Und man Einsiedels Hauß und Endens Wachsthum ehret:
O GOtt / schreib diesen Wunsch zu den Erhörten ein /
So wird ihr Lieben Glück und ohne Ende seyn.
Das Lieben ohne Ende bey dem Beylager des Herrn von Ende Verfertiget den 1. Febr. 1707.
Collection:
1715
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