1828.
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind,
In dumpfer Stube beisammen sind;
Es spielet das Kind, die Mutter sich schmückt,
Großmutter spinnet, Urahne gebückt
Sitzt hinter dem Ofen im Pfühl –
Wie wehen die Lüfte so schwül!
Das Kind spricht: „Morgen ist’s Feiertag,
Wie will ich spielen im grünen Hag,
Wie will ich springen durch Thal und Höh’n,
Wie will ich pflücken viel Blumen schön;
Dem Anger, dem bin ich hold!“ –
Hört ihr’s, wie der Donner grollt?
Die Mutter spricht: „Morgen ist’s Feiertag,
Da halten wir alle fröhlich Gelag,
Ich selber, ich rüste mein Feierkleid;
Das Leben es hat auch Lust nach Leid,
Dann scheint die Sonne wie Gold!“ –
Hört ihr’s, wie der Donner grollt?
Großmutter spricht: „Morgen ist’s Feiertag,
Großmutter hat keinen Feiertag,
Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid,
Das Leben ist Sorg’ und viel Arbeit;
Wohl dem, der that, was er sollt’!“ –
Hört ihr’s, wie der Donner grollt?
Urahne spricht: „Morgen ist’s Feiertag,
Am liebsten morgen ich sterben mag:
Ich kann nicht singen und scherzen mehr,
Ich kann nicht sorgen und schaffen schwer,
Was thu’ ich noch auf der Welt?“ –
Seht ihr, wie der Blitz dort fällt?
Sie hören’s nicht, sie sehen’s nicht,
Es flammet die Stube wie lauter Licht:
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
Vom Strahl miteinander getroffen sind,
Vier Leben endet ein Schlag –
Und morgen ist’s Feiertag.