Kennst du, Chloe, jenen ungerechten
Kleinen Gott, der Alles hintergeht?
Kennst du jenes Kind, in dessen Mächten
Krieg und Friede, Tod und Leben steht?
Chloe, horch! ich will ihn Dir beschreiben:
Ihn verfehlen sollst du nimmermehr!
Aber ich, ich kann nicht gut ihm bleiben!
Fürchten, fürchten lernt' ich ihn zu sehr!
Anfangs lacht er, liebelt, macht Getändel;
Unter Blümchen ist sein Pfeil versteckt;
Artig scheint er; seine losen Händel
Birgt ein Auge, das nur kindisch neckt!
Tausendkünstlich weiß er's dir zu treiben;
Und die Kunst verschönert ihn noch mehr!
Aber ich, ich kann nicht gut ihm bleiben!
Fürchten, fürchten lernt' ich ihn zu sehr!
Gar zu listig hängt er seine Beeren:
Drücken, Küssen, glühendes Geschwätz!
Ach! wer kann des Pickens sich erwehren?
Sieh, man pickt, und pickt sich dann in's Netz!
Mag man zehnmal, wie ein All, sich sträuben,
Aus dem Netz' entwischt man nimmermehr!
Ach, der Schelm! ich kann nicht gut ihm bleiben!
Fürchten, fürchten lernt' ich ihn zu sehr!
Kind, du seufzest? Schlag auf Schlag im Herzen?
Blaß die Wangen? Und das Auge matt?
O gewiß, daß schon der Gott der Schmerzen
Sitz und Stimm' in deinem Busen hat!
Armes Mädchen, ihn herauszutreiben,
Ist zu spät! Ich aber steh' dafür:
Augenblicke wirst du gut ihm bleiben;
Lange fürchten wirst du ihn mit mir!
(Band 1, S. 322-323)
_____