Auf dem Friedhof

Im Reich der Toten will ich mich ergehen,
Zum stillen Friedhof lenk’ ich meine Schritte –
Wie ist so wohl mir in der Gräber Mitte
Nun, wo die linden Frühlingslüfte wehen.

Auch hier ist Duft von blühenden Syringen
Und ihre Klagen schluchzet Philomele –
Und daß dabei auch der Kontrast nicht fehle,
Hör’ ich vom Dorfe helles Fiedelklingen. –

Dort tanzen sie, die Dirnen und die Buben,
Das Leben hat den Anfang erst genommen –
Hier ist zu seinem Ende es gekommen
Und ruht sich aus in festverschloss’nen Stuben. –

Auch sie, die jetzt hier schlafen bei Zypressen,
Sie haben einst gejauchzet und gesungen
Wie jene dort, die sich im Tanz geschwungen –
Auch jene werden schlafen und vergessen. –

Und wahrlich, wenn ich es so recht bedenke,
Und müßt’ ich wählen zwischen hier und drüben,
Ich wählte mir die stille Ruhstatt hüben,
Wohin ich jetzt schon meine Schritte lenke. –

Collection: 
1909

More from Poet

  • Die Mordmaschine, auch Auto genannt,
    Hat wieder viel Menschen zu Tode gerannt,
    Und vielen andern zermürbt und gebrochen
    Die vordem gute und graden Knochen –
    Wann endlich wird Einhalt getan dem Verderben?
    Wie viele müssen zuvor noch sterben? –

  • Man sprach ihn frei, trotz seinem Schuß,
    Denn Notwehr wurde angenommen –
    Ob man auch wohl zu diesem Schluß
    Im umgekehrten Fall gekommen? –

    Wir zweifeln – sah’n wir doch so oft
    Bei Streikenden die Rechtsentscheidung –
    Wo da auf Freispruch wir gehofft,...

  • Und wiederum erwachen
    In dieser Märzennacht
    Die alten Toten Helden
    Der Barrikadenschlacht. –

    Es hält sie nicht die Decke
    Und nicht der Stein der Gruft,
    Sie steigen aus den Gräbern,
    Sie wittern Märzenluft.

    Und sind auch hohl die Augen,...

  • Zola ist tot! –
    Vom Seinestrande
    Traf uns die Kunde
    Wie Dolchesstoß. –

    Der große Zola,
    Der Held so gewaltig,
    Stieg nieder zum Hades,
    In’s Reich der Seelen.
    Erlauchte Schatten
    Der Dichter-Titanen
    Empfangen, geleiten
    ...

  • Indess’ mein Arm die Keilhau schwingt,
    Sinnt Kopf und Herz auf schöne Lieder,
    Und wie die Arbeit sich verringt,
    So mehren sich der Verse Glieder.

    Und wird zu lang der Reime Zahl,
    Daß ich den Text nicht kann behalten,
    So macht auch dies mir keine Qual...