Trost in Briefen

Hervor, ihr seelenvollen Klänge,
Die mir die holde Freundin sang!
All' ihre Briefchen sind Gesänge,
Sind ihres Herzens Wiederklang.

Was ihrem Geist entfließt, sind Melodieen,
Die zart, wie Duft, und klar und schön,
Den Schwänen gleich, durch meine Seele ziehen,
Hoch über Welt und Zeit mich zu erhöh'n.

Kaum sanken hier zur Ruh' die Stürme nieder,
So fahren sie schon dort im wilden Chor,
Wie schwarze Rachegeister, wieder
Aus ihrer finstern Ruh' empor!

Tief, tief verhüllen sich die guten Sterne;
Hin zum entlegnen Himmel flieht die Ruh';
Die Lüfte wehn mir aus der Ferne
Das Wehgeschrei der Menschheit zu.

Mit Nachtgewölk' ist meine Seel' umhangen;
Mein Herz, vordem ein lichtumfloss'ner Wald,
Durch den die frohen Töne klangen,
Ist dunkel nun, und stumm, und kalt!

Und wenn ich in die Einsamkeit mich rette,
Wo ich des Hirten Liebe sang:
Dann frag' ich mich: Ist das die Musenstätte,
Wo meine Liederwelt verklang?

Nur ihr, ihr Briefe, werdet nie verhallen,
Wenn längst kein Liederfest mehr meinen Hain verschönt;
Ihr seid darin die Nachtigallen,
Aus denen fort und fort ein schöner Frühling tönt.

Hervor, ihr seelenvollen Briefe!
Euch ruf' ich an: Laßt von dem Grau'n
Der bösen Zeit mich in des Herzens Tiefe,
Wo Gott und Engel wohnen, schau'n! (Band 3 S. 35-37)

Collection: 
1841

More from Poet

  • Ein Wetter raset durch das Dunkel
    Der Nacht, die donnernd wiederhallt;
    Vom Himmel blickt kein Sterngefunkel,
    Und Regensturm zerreißt den Wald.

    Ein jedes Leben ruht geborgen,
    Und bang' verkriecht sich jeder Wurm;
    Nur...

  • Der Frühling war gekommen; leise Lüfte
    Vom Mittaglande streiften warm herein,
    Und schlugen weckend an die kleinen Grüfte
    Der Blumen in dem frühen Hain.

    Schon ward es laut an Hügeln und in Thalen;
    Da stickte sich ihr Festgewand...

  • Einst umsprangen mich geliebte Quellen,
    Als ich durch das Blumenleben ging,
    Das mit seinem Frühling um die Stellen,
    Um die Mahle schöner Tage hing.
    Anders klang das Lied der Nachtigallen,
    Und des Waldes Tiefe minder hohl:...

  • Laura starb! o, naht euch sanft, ihr Lenze!
    Weiße Blumen streut auf ihre Gruft!
    Und, im Lispel der beseelten Kränze,
    Schwebe heiliger die Abendluft!
    Engel! schmückt die Amaranthenlaube,
    Die den neuen Himmelsgast empfing!...

  • Wiedersehn!
    Endlich tönt dir mein Willkommen!
    Meine höchsten Huldigungen
    Sollen dir entgegen wehn!
    Endlich hab' ich dich errungen!
    Hell, wie Frühlingsauferstehn,
    Leuchtest du, o Wiedersehn!

    Wiedersehn!...