Das frühe Veilchen ward drum so bedroht: –
Wo hast du, holder Dieb, den Duft genommen,
Als aus des Liebsten Hauch? Das Purpurroth,
Was deine zarte Wange hat bekommen,
5 Tauchst du in Farben, die sein Blut dir bot,
Um deine Hand schalt ich die Lilienblüthen,...

Wie anmuthig machst du die Schande nicht,
Die gleich dem Wurm in duftbeseelter Rose
Die Schönheitsknospe deines Namens bricht!
Und birgst die Sünd’ in lieblichem Gekose!
5 Die Zunge, die von deinem Thun erzählt
Und üpp’ge Deutung deinen Scherzen leihet,
...

Für Fehler Mancher deine Jugend hält,
Und Mancher nennt die Jugend deinen Ruhm;
Da Ruhm und Fehler liebt die ganze Welt,
So machst du deinen Fehler dir zum Ruhm.
5 So wie an einer Kön’gin hoher Hand
Wird angestaunt das schlechteste Juwel,
So diese Fehler...

O gleich dem Winter war Abwesenheit
Von dir, des flieh’nden Jahres süßer Luft!
Was für ein Frost! Wie dunke Tageszeit,
Als läg’ ich an Decembers kalter Brust!
5 Und doch war Sommertag mir diese Frist,
Ein reicher Herbst, der volle Garben bot,
Und viel...

Fern war ich von dir in der Frühlingszeit,
Wann bunter Mai in seiner stolzen Pracht
Jeglichem Dinge frischen Reiz verleiht,
Daß selbst Saturn, der alte, mit ihm lacht.
5 Doch Vogelsang und Blumen, schön erblüht
In bunten Farben auf der grünen Flur,
...

So schnell du welkst, so schnell wächst du von Neu’m
In deinem Sprößling, seit du ihn geboren;
Das frische Blut, das jung du wirst verleih’n,
Heißt dein’s, wenn du die Jugend auch verloren.
5 Darin lebt Zuwachs, Weisheit, Lieblichkeit,
Darohne Alter und...

Zähl’ ich die Uhr, die uns die Zeit verkündet,
Seh’ ich, wie in die Nacht der Tag versinkt,
Wie schnell des Veilchens Blüthenzeit verschwindet
Und auf dem schwarzen Haar das Silber blinkt;
5 Seh’ ich, wie von dem Baum die Blätter flieh’n,
Die kaum die Heerde...

O wärest du dein selbst! doch, Lieb, du bist
So lange, als du hier dir lebst, nur dein;
Drum magst du rüsten dich zu solcher Frist,
Und Anderen dein süßes Bild verleih’n.
5 So wird die Schönheit, die zum Lohn du hast,
Ganz unbegrenzt sein, und du wirst von Neu’...

Nicht in den Sternen les’ ich das Geschick,
Doch hab’ ich ihre Deutung wohl erkannt;
Nicht zwar verkünd’ ich gut und böses Glück,
Noth, Theurung und der Jahreszeiten Stand;
5 Auch sag’ ich auf Minuten nicht voraus,
Ob Regen, Donner, oder Wind uns trifft;...

Des Löwen Klauen stumpfe, grimme Zeit,
Die Erde laß verschlingen ihre Brut,
Entwaffne du des Tigers Grausamkeit,
Erstick’ den Phönix in des Feuers Gluth.
5 Mag deiner Flucht entsprießen Freud’ und Leid;
Die Welt mit Allem, was sie Schönes hat,
Verfallen...