Und thust dein Schlimmstes du, mir zu entweichen
Für Lebenszeit, doch nenn’ ich ganz dich mein;
Mein Leben muß mit deiner Lieb’ erbleichen,
Denn Nahrung giebt ihm deine Lieb’ allein.
5 Nicht fürcht’ ich drum, mag droh’n mir auch Unheil,
Da das geringste schon mein Leben endet,
Ich seh’, mir ward ein bessres Loos zu Theil,
Als daß nach deinen...
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So werd’ ich leben, wähnend dich mir treu,
Wie ein betrogner Gatte; deiner Liebe
Antlitz vertrau’n, wenn dies stets wechselt neu;
Dein Blick bei mir, dein Herz bei Andern bliebe.
5 In deinem Auge ist für Groll nicht Raum,
Nicht kündet es dein unbeständig Wesen;
Wenn Andrer Blick uns, zu verkennen kaum,
Des Herzens Zug in finstrer Schrift läßt... -
Wer machtbegabt einschränkend sich bescheidet,
Wer zeiget nicht, was reich ihm ist verlieh’n;
Wer felsenfest, wenn Andre leicht er leitet,
Wer der Versuchung trotzt mit starrem Sinn;
5 Des Himmels Gunst ist lohnend dem geneigt,
Der mit des Himmels Gütern sparsam schaltet;
Als eigner Schönheit Herr er stets sich zeigt,
Da Mancher seinen Reichthum... -
Das frühe Veilchen ward drum so bedroht: –
Wo hast du, holder Dieb, den Duft genommen,
Als aus des Liebsten Hauch? Das Purpurroth,
Was deine zarte Wange hat bekommen,
5 Tauchst du in Farben, die sein Blut dir bot,
Um deine Hand schalt ich die Lilienblüthen,
Der Majoran stahl dir dein dunkles Haar,
Die Rosen furchtsam in den Dornen glühten;... -
Wie anmuthig machst du die Schande nicht,
Die gleich dem Wurm in duftbeseelter Rose
Die Schönheitsknospe deines Namens bricht!
Und birgst die Sünd’ in lieblichem Gekose!
5 Die Zunge, die von deinem Thun erzählt
Und üpp’ge Deutung deinen Scherzen leihet,
Hat sich zum Tadel nur dein Lob erwählt,
Da schon dein Name jede Schande weihet.
O... -
Für Fehler Mancher deine Jugend hält,
Und Mancher nennt die Jugend deinen Ruhm;
Da Ruhm und Fehler liebt die ganze Welt,
So machst du deinen Fehler dir zum Ruhm.
5 So wie an einer Kön’gin hoher Hand
Wird angestaunt das schlechteste Juwel,
So diese Fehler, die an dir man fand,
Für Zierden gelten ohne alles Hehl.
Wie manches Lamm ergriff’... -
O gleich dem Winter war Abwesenheit
Von dir, des flieh’nden Jahres süßer Luft!
Was für ein Frost! Wie dunke Tageszeit,
Als läg’ ich an Decembers kalter Brust!
5 Und doch war Sommertag mir diese Frist,
Ein reicher Herbst, der volle Garben bot,
Und viel mit üpp’ger Frucht gesegnet ist,
Wie Witwenschooß nach des Gemahles Tod.
Mir schien... -
Fern war ich von dir in der Frühlingszeit,
Wann bunter Mai in seiner stolzen Pracht
Jeglichem Dinge frischen Reiz verleiht,
Daß selbst Saturn, der alte, mit ihm lacht.
5 Doch Vogelsang und Blumen, schön erblüht
In bunten Farben auf der grünen Flur,
Begeisterten mich nicht zum Sommerlied,
Von allen pflückt’ ich auch nicht eine nur.
... -
So schnell du welkst, so schnell wächst du von Neu’m
In deinem Sprößling, seit du ihn geboren;
Das frische Blut, das jung du wirst verleih’n,
Heißt dein’s, wenn du die Jugend auch verloren.
5 Darin lebt Zuwachs, Weisheit, Lieblichkeit,
Darohne Alter und thörichter Sinn;
Dächt’ Jeder so, wär’s bald aus mit der Zeit,
In sechzig Jahren stürb’ die... -
Zähl’ ich die Uhr, die uns die Zeit verkündet,
Seh’ ich, wie in die Nacht der Tag versinkt,
Wie schnell des Veilchens Blüthenzeit verschwindet
Und auf dem schwarzen Haar das Silber blinkt;
5 Seh’ ich, wie von dem Baum die Blätter flieh’n,
Die kaum die Heerde vor der Gluth bewahrt,
Wie von dem Herbst gegürtet Sommers Grün
Im Grabe ruht mit weißem...