Bedenk’ ich es, daß Alles, was da lebt,
Nur eine kurze Zeit vollkommen bleibt,
Und was in diesen weiten Grenzen schwebt,
Der Sterne unerforschter Wille treibt;
5 Schau’ ich den Pflanzen gleich die Menschen an,
Gepflegt und bald geknickt von einer Luft,
...

Doch warum kämpfst du nicht in ernstrer Schlacht
Mit dieser blutigen Tyrannin Zeit?
Und schützest dich vor ihr mit größrer Macht,
Als je mein unfruchtbarer Reim dir beut?
5 Du stehest jetzt auf deines Glückes Höh’n,
Und manches Mädchens Garten, unbebaut,...

Wer würde künftig meinem Liede trauen,
Wär’ es mit deinem ganzen Werth erfüllt;
Jetzt ist es gleich dem Grabmal anzuschauen,
Verbirgt dich halb und zeiget halb dein Bild.
5 Könnt’ ich besingen deiner Augen Pracht,
Erzählen deine ganze Lieblichkeit,
Wohl...

Soll ich vergleichen dich dem Sommertag?
Nein, nicht so lieblich ist er und so mild;
Wie oft der Sturm des Frühlings Knospen brach,
Und Sommer weilt nur flüchtig im Gefild!
5 Oft scheint des Himmels goldnes Aug’ zu heiß,
Oft trübet sich sein strahlend Angesicht...

Ein Frau’ngesicht gemalt von der Natur
Hast du, o Meister-Meistrin meiner Lust;
Ein zartes Frauenherz, das nie die Spur
Von Falschheit kannte, schlägt in deiner Brust;
5 Und hellre Augen ohne falschen Blick,
Vergoldend Alles, was sie sich betrachten;
Der...

Mir geht’s nicht so, wie es die Muse macht,
Die zum Gedicht gemalte Schönheit treibt,
Die von dem Himmel holt des Schmuckes Pracht,
Zu ihrer alle Schönheit noch beschreibt;
5 Die stolze Bilder auf einander häuft,
Von Erd’ und Meeresperlen, Sonn’ und Mond,...

Mein Spiegel soll nicht sagen, ich sei alt,
So lange Jugend sich mit dir vermählt;
Doch wenn das Alter dich mit Furchen malt,
Dann erst der Tod auch meine Tage zählt.
5 Denn alle Schönheit, die dich jetzt umschwebt,
Ist einzig meines Herzens Strahlenschein,...

So wie ein schlechter Spieler auf der Bühne,
Der voller Furcht aus seiner Rolle fällt,
Und wie ein Heft’ger mit ergrimmter Miene,
Den zu viel Kraft in strengen Fesseln hält:
5 So auch vergess’ aus Furcht ich selbst zu sagen
Der heißen Liebe voll Huldigung;...

Mein Auge ist der Maler, der dein Bild
Voll Schönheit in des Herzens Tafel gräbt.
Mein Körper ist der Rahmen, der’s umhüllt,
Durch Perspective wird die Kunst belebt.
5 Es führt der Weg durch meine Brust allein
Zu schauen, wo dein treues Bildniß liegt,
...

Wenn außer Gunst bei Menschen und Geschick
Ich einsam ganz mein schweres Loos beweine,
Und send’ umsonst empor den fleh’nden Blick,
Und mir zum Unglück auserkoren scheine;
5 Mißgünstig Jenes frohe Zukunft schau’,
Dem Andern seine Freund’ und Reichthum neide,...