• Wenn durch der Zeiten grimme Hand entstellt,
    Ich seh’ Jahrhunderts stolze Pracht im Staube,
    Der Zinne mächt’ge Wucht zur Erd’ gefällt,
    Und ew’ges Erz der Menschenwuth zum Raube;
    5 Gewahr’ des gier’gen Oceans Gewinn,
    Den er des Ufers Königreich entrungen;
    Wie sich das Feste nahm die Meere hin,
    Verlierend stets Ergänzung sich erzwungen;
    Daß...

  • Was Aeußres kann die Menge von dir seh’n,
    Kein Witz wird je zu bessern dran wohl finden;
    Beseelt muß aller Mund dies eingesteh’n,
    Dein Feind selbst wird als wahr dein Lob verkünden.
    5 So krönet Aeußres dich mit äußrem Preis;
    Doch diese Zeugen, die dein Recht dir gaben,
    Sie schmälern dies Lob in andrer Rede Weis’,
    Da weiter als ihr Aug’ gespürt...

  • Wenn Erz, Stein, Erde, unbegrenzte Fluth
    Nicht trotzen kann der trüben Sterblichkeit,
    Kann Schönheit bergen sich vor solcher Wuth,
    Die keine Blum’ an Kräften überbeut?
    5 Was soll des Sommers süßen Hauch beschützen,
    Wenn heranbraus’t die rauhe Sturmesnacht,
    Da schwächer selbst des Felsens mächt’ge Stützen
    Und eh’rne Pforten als der Zeiten Macht?...

  • Nach Grabesruh’ muß müde ich mich sehnen,
    Wenn das Verdienst als Bettler sich mir zeigt,
    Wenn leeres Nichts sich putzend kann verschönen,
    Und reine Treu’ unsel’gem Meineid weicht;
    5 Wenn goldne Ehr’ der Schmach wird zugewendet,
    Und Jungfrau’ntugend frechen Muths entweiht;
    Und wie das Hohe schmählich wird geschändet,
    Und schwanke Herrschsucht...

  • Warum wohl soll er schuldbeflecket leben,
    Dem Frevel leihen seines Daseins Zier?
    Soll Sünde sich der Tugend gleich erheben,
    Sich brüsten, daß Genoss’ er heißet ihr?
    5 Darf falsch Gebild nachahmen seine Wangen,
    Und stehlen todten Schein von seines Lebens Blüth’?
    Warum soll arme Schönheit suchen zu erlangen
    Des Schattens Ros’, wenn ächt in ihm sie...

  • Ein Bild zeigt sein Gesicht von jenen Tagen,
    Als Schönheit lebt’ und starb der Blume gleich,
    Eh’ falscher Bastardschein es durfte wagen,
    Des Lebens Stirne zu verzieren reich;
    5 Bevor der Todte her noch mußte geben
    Sein goldnes Haar, verfallen schon dem Staub,
    Zum zweiten Mal auf zweitem Haupt zu leben,
    Eh’ todter Reiz des Fließes ward beraubt....

  • Sei nicht erzürnt darob, daß sie dich höhnen,
    Stets war’s das Edle, was der Neid umschleicht;
    Verdacht erst zeigt den reinen Glanz des Schönen,
    Der Krähe gleich, die in den Aether steigt.
    5 Sei gut, so hebt der Leumund nur die Würde,
    Vor der die Huldigung der Mitwelt liegt.
    Nagt gleich der Wurm gern an der Knospen Zierde,
    Doch seh’n wir nicht,...

  • Wenn ich einst todt bin, traure nicht, sei froh,
    Sobald der Glocke trüber Klang geschwiegen,
    Der es der Welt verkündet, daß ich floh
    Die schlechte Welt, beim schlechtsten Wurm zu liegen!
    5 Und siehst du jemals diese Zeilen hier,
    Gedenke nicht der Hand, die sie geschrieben:
    Vergessen lieber will ich sein von dir,
    Eh’ dich mein Angedenken soll...

  • Damit die Welt dich nicht mit Fragen quäle,
    Wie ich’s um dich verdiente, noch im Grab’
    Geliebt von dir zu werden, theure Seele! –
    Vergiß mich, da Verdienst ich keines hab’!
    5 Nicht sollst mit frommer Lüge du bethören,
    Um mehr für mich zu thun, als mir gebührt,
    Nicht dem Verblichnen höhern Ruhm gewähren,
    Als karge Wahrheit an ihm aufgespürt....

  • Des Jahres Spätherbst magst in mir du seh’n,
    Wenn falbes Laub kaum spärlich nur noch zittert
    An Zweigen, die erstarrt von Frostes Weh’n,
    Der Waldessänger Dom nun kahl verwittert.
    5 Dem Zwielicht solches Tages gleich ich bin,
    Der westlich dämmert, wenn die Sonne sinket,
    Doch bald von düstrer Nacht geraffet hin,
    Des Todes Bild, der Allem Ruhe...