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              Das Kind der Sorge.

         Einst saß am murmelnden Strome
    Die Sorge nieder und sann:
    Da bildet’ im Traum der Gedanken
    Ihr Finger ein leimernes Bild.

    5      „Was hast du, sinnende Göttinn?“
    Spricht Zevs, der eben ihr naht.
    „Ein Bild von Thone gebildet,
    Beleb’s, ich bitte dich Gott.“

         „Wohlan! ich will es! –...

  • Das Orakel.

    Als Alexander einst zu Ammons Sitze gelangt war,
          Und ihn Jupiter selbst nannte den göttlichen Sohn,
    Fragt’ er den Vater um nichts, als um die Quelle des Nilstroms,
          Fühlete Schicksal und Glück ruhen in eigener Hand.
    5 Auch wir wollen die Götter nur um Geheimnisse fragen;
          Pflicht und Tugend und Glück schrieben sie uns in...

  •  Das Paradies in der Wüste.

         „Mein Freund Antonius, der Vater mir
    Und Lehrer war, mit dem ich Lebenslang
    In weitester Entfernung ungetrennt
    Ein Herz und Seele war; der hundertjährge Greis
    5 (Das saget mir mein Geist,) ist jetzt gestorben.
    Noch Einmal wollt’ ich ihn im Leben sehn!
    Wohlan, ich will die Stäte sehen, wo
    Er lebete und...

  • Das Roß aus dem Berge.
    Eine Böhmische Sage.

          Glänzend anzuschauen sind der Erde
    Mond und Sonne, schönes Gold und Silber.
    Prächtig funkeln sie hervor, und schmücken,
    Und sind köstlich alles zu erkaufen,
    5 Nur nicht Leben und Gesundheit. Mächtig
    Ziehet an ihr Glanz, daß nur der Arme
    Wagt, sie zu entbehren, und der Reiche
    Stets...

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              Das Saitenspiel.

         Was singt in euch, ihr Saiten?
    Was tönt in eurem Schall?
    Bist du es, Klagenreiche
    Geliebte Nachtigall?
    5 Die, als sie meinem Herzen
    Wehklagete so zart,
    Vielleicht im lezten Seufzer.
    Zum Silberlaute ward.

         Was spricht in euch, ihr Saiten?
    10 Was singt in eurem Schall?
    ...

  • Das innere Olympia.

    Sind die Gäste versammlet: so läßt die Harfe sich hören.
         Sitzt der Richter, so tritt Redner und Sprecher vor ihn.
    Griechenland ist beisammen: da singen Dichter; es kämpfen
         Kämpfer, der Läufer läuft, blickebeflügelt, zum Ziel.
    5 Aber zur innern Harfe, zum Spruch der richtenden Seele
         Und zum Kampfe, zum Lauf nach der...

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              Der Gewinn des Lebens.

                 Nach dem Englischen.

         Am kühlen Bach, am luftgen Baum
    Träum’ ich nun meines Lebens Traum;
    Und mag nicht wissen, ob die Welt,
    Wie ich mir träume, sei bestellt:
    5 Denn ach! ist der wohl mehr beglückt,
    Der, daß sie nicht so sei, erblickt?

         Ich ging einmal der Weisheit nach...

  • Der Herzenswechsel.

    Du giebst mir also nicht dein Herz?
         So gieb das Meine mir.
    Denn, Liebe, hab’ ich Deines nicht
         Was soll das Meine Dir?

    5 Gieb es mir wieder. Doch, laß seyn!
         Bekäm’ ichs auch zurück,
    Du stiehlst es mir ja tausendmal
         Mit jedem neuen Blick.

    Behalt es. Wahr’ in deiner Brust
    10      ...

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                   Der Himmel.

         Dünste steigen auf und werden
    In den Wolken Blitz und Donner
    Oder Regentropfen.

         Dünste steigen auf und werden
    5 In dem Haupte Zorn und Unmuth
    Oder werden Thränen.

         Freund bewahre deinen Himmel
    Vor dem Dunst der Leidenschaften;
    Deine Stirn sei Sonne.

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         Der Mensch und sein Schatte.

         „Sage, was hab’ ich mit dir?
    Du bist vor und hinter mir,
    Oeder Schatte, schwarzer Geist,
    Der mein Nichts mir immer weis’t,“

    5      „Tadelst du o Freund ein Bild,
    Das dein Wesen dir enthüllt?
    Ohne jenes Lichtes Glanz
    Bist du selbst ein Schatte ganz.

         Steht die Sonne vor dir...