• Der gütige Vater und gerechte Richter.

    Zaleûcus, der den Ehebruch so gern
    Auf seinem Staat verbannen wollte,
    Gab ein Gesetz hierüber seinen Lokriern,
    Mit dieser Drohung, jeder Übertreter sollte
    5 Geblendet werden. Doch zum Unglück übertrat
    Sein Erstgeborner das Gesetz. Die Frevelthat
    Erbitterte den Richter, seines Sohnes Bitten
    ...

  • Der gestrige Abend.

    Selig! selig! die, so ganz versunken
    Im Gefühl der Liebe, dir im Arme lag:
    Ach, sie lauschte hoher Wonne trunken
    Auf des Herzens stärkern Schlag.

    5 Der dir, – Holder, den ein Gott mir wählte –
    Mit der reinsten Liebe sanft die Brust durchbebt,
    Und mich mehr, als Amors Neuvermählte,
    Zu Elysium erhebt.

    Frey von...

  • Der zwey und zwanzigste April 1788.

    Ihro Königl. Hoheit,

    der Prinzessinn Ferdinand
    von Preussen,

    gewidmet.


    ν – ν ν | – ν ν | –   ν – ν ν | – ν ν | – ν
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            ν – ν ν | – ν ν | – ν ν | –
            ν –  ν  |       |       |

    Ο Fürstinn! tönete doch mein Lied wie...

  • Die Abschiedsstunde.

    Ha! welch’ ein Kampf! von meinem armen Herzen
    Reißt grausam mir des Schicksals Schluß
    Den besten Theil: dich, Mann der Lieb’ und Schmerzen!
    Der mich verlassen muß.

    5 Dir winkt ein Gott! – und trostlos hier zu weinen
    Verhüll’ ich mich in dunkle Nacht,
    Bis einst der Tag der Freude mir wird scheinen
    Der ewig ruhig...

  • Die Erscheinung, am dritten August 1791 Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen von Preussen gewidmet.

    Prinz! dem mit redlichem Entzücken
    Ein jedes Herz heut froh entgegen schlägt.
    Der, seine Brennen zu beglücken,
    Im Auge ganz den Geist der großen Ahnherrn trägt,
    5 Der in der Brust das kühne Heldenfeuer
    Mit Weisheit, Mäßigung und sanfter Huld...

  • Die Liebende in dem Flusse Silemnus.[1]

    Ha! wie ist mir? bin ich neu geboren?
    Welche selige Verwandelung!
    Hat sich wirklich meine Qual verloren,
    Oder täuscht mich die Erinnerung?

    5 Nein, ich fühl’ ein neu’res beß’res Leben:
    Sanfter fühl’ ich meines Herzens Schlag,
    Seit mir Kühlung diese Wellen geben,
    Süße...

  • Die Mutter an ihren Erstgebornen.

    Kämpfend zwischen Tod und Leben,
    Hoch durchglüht von Zärtlichkeit,
    Fühlt’ ich nie das Wonnebeben
    Einer Mutter, so wie heut.

    5 Als ich nach der Jammerstunde,
    Holder Säugling, dich erblickt;
    Als der Schrey aus deinem Munde
    Mich zur Himmelslust entzückt:

    O, da dacht’ ich nicht der Schmerzen,...

  • Die Proselytinn des Pythagoras, an Ramler.

    Ich, die ich zwar nicht Pyrrho’s[1] Schülerinn,
    Doch auch nicht übermäßig gläubig bin,
    Ich glaube jetzt, ο Freund! (was soll ich es verhehlen?
    Du selbst bist Schuld daran) die Wanderung der Seelen.
    5 Denn nun begreif’ ich ohne Müh’
    Warum in deiner Poesie
    Sich Hoheit, Feinheit...

  • Die Rose an der Brust des Geliebten.

    Sie blühte einst an deinem lieben Herzen
    So schön, und welkte schnell dahin: –
    O, wär’ ich sie, die Blumenköniginn!
    So stürb’ ich, statt in Trennungsschmerzen,
    5 An deinem Busen, wo sie starb,
    Und durch den Tod sich meinen Neid erwarb.

  • Die Säcular-Feier des Preussischen Thrones.

    Erschalle, froher Gesang, begleitet von tönenden Saiten,
    Durch Vaterlandsliebe entflammet mit Glut,
    Am säcularischen Fest’, geweihet dem Throne der Brennen,
    Der hehr auf Trophäen der Ewigkeit ruht!

    5 Gigantisch ragt Er empor! – Gleich himmelanstrebenden Felsen
    Steht Er unerschüttert im Sturme der Zeit! –...