• Mein Aug’ und Herz im schweren Kriege steh’n,
    Wie deines Anblicks Recht sie theilen können;
    Nicht gönnt das Aug’ dem Herzen, dich zu seh’n,
    Dem Auge will das Herz dies Recht nicht gönnen.
    5 Es sagt das Herz: in ihm ja liegest du
    (Ein Raum, in den des Auges Blick nie strahlt);
    Allein das Auge giebt’s dem Feind nicht zu,
    Und sagt, daß sich in ihm...

  • Mein Herz und Auge, sie sind jetzt vereint,
    Und jedes strebt, das andre zu beglücken.
    Wenn dich zu seh’n, mein Aug’ in Sehnsucht weint,
    Wenn Liebesbängen mir das Herz erdrücken:
    5 Dann malt dem Aug’ sich deiner Liebe Bild,
    Das Herz wird Gast bei dem gemalten Fest;
    Das Herz darauf des Auges Sehnsucht stillt,
    Und Theil an seinem Liebestraum ihm...

  • Wie hab’ ich, als mein Weg mich fortgeführt,
    Doch alles Spielwerk sorgfältig verschlossen,
    Damit, zu meinem Brauch es unberührt
    Bewahrt, nicht von der Falschheit würd’ genossen!
    5 Doch – gegen den Juwele Spielwerk sind –
    Mein höchster Trost, mein größter Kummer heute,
    Du Theuerster, der Sorge liebstes Kind!
    Bist jetzt wohl jedes schlechten...

  • Bedenk’ ich es, daß Alles, was da lebt,
    Nur eine kurze Zeit vollkommen bleibt,
    Und was in diesen weiten Grenzen schwebt,
    Der Sterne unerforschter Wille treibt;
    5 Schau’ ich den Pflanzen gleich die Menschen an,
    Gepflegt und bald geknickt von einer Luft,
    Wie sie, so stolz in jungem Saft, alsdann
    Vergessenheit umzieht und Grabesduft: –
    Dann...

  • Doch warum kämpfst du nicht in ernstrer Schlacht
    Mit dieser blutigen Tyrannin Zeit?
    Und schützest dich vor ihr mit größrer Macht,
    Als je mein unfruchtbarer Reim dir beut?
    5 Du stehest jetzt auf deines Glückes Höh’n,
    Und manches Mädchens Garten, unbebaut,
    Wünscht dir zu tragen Blüthen frisch und schön,
    Mehr ähnlich als der Maler sich getraut....

  • Wer würde künftig meinem Liede trauen,
    Wär’ es mit deinem ganzen Werth erfüllt;
    Jetzt ist es gleich dem Grabmal anzuschauen,
    Verbirgt dich halb und zeiget halb dein Bild.
    5 Könnt’ ich besingen deiner Augen Pracht,
    Erzählen deine ganze Lieblichkeit,
    Wohl würde von der Nachwelt ich verlacht,
    Die solchen Zauber keinem Antlitz leiht.
    Man...

  • Soll ich vergleichen dich dem Sommertag?
    Nein, nicht so lieblich ist er und so mild;
    Wie oft der Sturm des Frühlings Knospen brach,
    Und Sommer weilt nur flüchtig im Gefild!
    5 Oft scheint des Himmels goldnes Aug’ zu heiß,
    Oft trübet sich sein strahlend Angesicht,
    Und wie oft schwindet seiner Schönheit Preis,
    Wenn Zufall oder die Natur sie bricht...

  • Ein Frau’ngesicht gemalt von der Natur
    Hast du, o Meister-Meistrin meiner Lust;
    Ein zartes Frauenherz, das nie die Spur
    Von Falschheit kannte, schlägt in deiner Brust;
    5 Und hellre Augen ohne falschen Blick,
    Vergoldend Alles, was sie sich betrachten;
    Der Farbe Glanz gewähret dir das Glück,
    Daß Männer nach dir schau’n und Frauen schmachten....

  • Mir geht’s nicht so, wie es die Muse macht,
    Die zum Gedicht gemalte Schönheit treibt,
    Die von dem Himmel holt des Schmuckes Pracht,
    Zu ihrer alle Schönheit noch beschreibt;
    5 Die stolze Bilder auf einander häuft,
    Von Erd’ und Meeresperlen, Sonn’ und Mond,
    Die nach des Maies ersten Blüthen greift,
    Und was sonst Seltnes unter’m Himmel wohnt: –...

  • Mein Spiegel soll nicht sagen, ich sei alt,
    So lange Jugend sich mit dir vermählt;
    Doch wenn das Alter dich mit Furchen malt,
    Dann erst der Tod auch meine Tage zählt.
    5 Denn alle Schönheit, die dich jetzt umschwebt,
    Ist einzig meines Herzens Strahlenschein,
    Das in dir wohnt, wie deines in mir lebt; –
    Wie kann ich älter denn als du wohl sein?...