Rosa

Wo blumicht das Ufer begränzet den Bach,
Stand Rosa voll bangen Entschlüssen;
Den Wellen, ach! sah sie so wehmuthsvoll nach,
Als ob sie ihr Alles entrissen.

Es mischten sich leise im murmelnden Ton
Des Baches die klagenden Laute,
Die ihrem geängstigten Herzen entflohn,
Dem schmerzlich am Leben izt graute.

Sie seufzte: "O Himmel, mein einziges Glück,
Das decket ein schauriger Hügel;
Es strahlet mir nie mehr sein Bildniß zurück
Aus diesem krystallenen Spiegel.

Es hat mir des Todes gewaltige Hand
Den theuren Geliebten entrissen,
Nie kehret er wieder auf's irdische Land,
Nie wird mich sein Arm mehr umschließen!"

So jammerte Rosa bey Tag und bey Nacht,
Ihr Kummer ist nie mehr entwichen,
Bis endlich ihr jenseits die Hoffnung gelacht,
Die rosichten Wangen verblichen.

Da wankte sie freudig zum einsamen Grab,
Wo ruhten des Theuern Gebeine,
Und rief: "O, nun senket man bald mich hinab
Zu dir unterm friedlichen Steine!"

Bald führte auch Rosa die Sehnsucht ans Ziel,
Ihr Lebens-Geist mußte entschwinden;
Sie starb - mit dem seligsten Wonne-Gefühl,
Den Theuren nun wieder zu finden!

aus: Briefwechsel zwischen Carl Maria von Weber
und Thaddäus Susan
(Im Anhang: Gedichte von Friederike Susan,
Thaddäus Susan Leben und künstlerisches Wirken,
Friederike Susan Leben und künstlerisches Wirken)
Blätter des Gedenkens zusammengestellt
von Friedrich Susan dem Urenkel
Im Selbstverlag Wien 1986

Collection: 
1847

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