Zigeunerkind

 
Seit Du, braunes Zigeunerkind,
Mir am Herzen gelegen,
Alle Gedanken zerstreut mir sind,
Schweifen auf lustigen Wegen;
Ach, Du hieltest nur kurze Rast
Bis zu der Sterne Verblassen,
Aber ewige Unruh' hast
Du zurück mir gelassen.

In der Waldschlucht schauriger Hut
Lagern die schwarzen Gesellen
Um der Flamme lodernde Gluth;
Lustig erklingen die Schellen,
Und das rasselnde Tamburin,
Wild fliegt es auf und nieder,
Wie ein Traumbild nahen und flieh'n
Lockend die schwellenden Glieder.

In des Mittag's sengendem Hauch
Brütet die Haide voll Schweigen;
Einsam duftet ein blühender Strauch,
Schwankende Rosen neigen
Sich herab auf das süße Gesicht,
Das vom Schlummer befangen,
Und der Sonne neckisches Licht
Küßt verstohlen die Wangen.

Seit Du, braunes Zigeunerkind,
Mir am Herzen gelegen,
Alle Gedanken zerstreut mir sind,
Schweifen auf lustigen Wegen;
Rastlos treibt es im Traume der Nacht
Mich in die waldigen Klüfte,
Wenn am Tag Deinen Gruß mir gebracht
Blühender Rosen Düfte.

aus: Gedichte von Albert Traeger
Neunte vermehrte Auflage
Leipzig Verlag von Ernst Keil 1873

Collection: 
1873

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