In der alten Mauerblende
Steht das Muttergottesbild,
Um den Mund, wie Segensspende,
Schwebt ein Lächeln stumm und mild.
Epheu webt mit frischen Ranken
Einen Rahmen auf den Stein,
D'rüber wilde Rosen schwanken,
Wie ein duft'ger Heil'genschein.
Geh' vorüber ich, dann senken
Blick und Knie voll Andacht sich,
Doch im Beten muß ich denken,
Heißgeliebte, stets an Dich.
Unter Trümmern in der Wildniß,
Wie die Muttergottes hier,
Steht, Du Heilige, Dein Bildniß,
Tief versteckt im Herzen mir;
Frische, grünende Gedanken
Zauberst Du aus morschem Stein,
Und mit duft'gen Blüthenranken
Schließt mein wildes Lied Dich ein.
aus: Gedichte von Albert Traeger
Neunte vermehrte Auflage
Leipzig Verlag von Ernst Keil 1873