An die Erröthende

Es möchte seiner Lieb' genießen
Dein Herz, geheim vor aller Welt;
Doch ob du noch so sehr beflissen,
Man merkt es wohl, wie schwer dir's fällt.

Als wollt' er dich gestehen heißen,
Erschreckt dich jeder fremde Blick,
Umsonst! zu heucheln und zu gleißen
Gab die Natur dir kein Geschick.

Sie duldete an einem Wesen,
Wie du, auch nicht den kleinsten Schein,
Will vom Geständnisse genesen,
Und sich um jeden Preis befrei'n.

Und ruht nicht eher, bis die Regung,
Der Aug' und Mund den Weg verschließt,
In purpurwogender Bewegung
Auf deine Wangen sich ergießt!

Collection: 
1864

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