Frühling

Und wieder ziehn am Himmelsbogen
Die hellen Frühlingswölkchen her,
Gleich Schwänen kommen sie gezogen
Vom Süd auf blauer Lüfte Meer.

Und mit den Wolken kehren wieder
Die Schwalben auf der luft'gen Bahn
Getreu zum gleichen Dach hernieder,
Wie sie vor Jahren schon gethan.

Sie zwitschern hell nach alter Weise
Vom Winter in der Wüste Sand,
Von ihrer pfeilgeschwinden Reise
Zur Heimat über Meer und Land.

Nun schwirren Käferchen und Immen,
Die Wellen plaudern fort und fort,
Es einen sich viel tausend Stimmen
Zu einem jubelnden Akkord.

Jedwede glänzend braune Hülle
Der grünen Blättchen ist gesprengt,
Unzählbar ist der Blume Fülle,
Die sich aus duft'ger Erde drängt.

Es klingt aus goldner Bläue nieder
Und auf zum Äther fern und nah
Und hallt in jedem Herzen wieder:
Der Himmelsbote, er ist da!

Nach langer, banger Wintertrauer
Aufatmet alles, was da lebt,
Es ist, als ob ein Wonneschauer
Die ganze Frühlingswelt durchbebt.

Als ob ein eigner Zauber walte
In wundersel'ger Maienzeit,
Daß sich das Alte neu gestalte
Zu nie geahnter Herrlichkeit.

Natur, die reiche, ewig treue,
Dasselbe beut sie jedes Jahr,
Doch jeder Frühling macht auf's neue
Die alten Wunder offenbar.

Collection: 
1877

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