Immer laßt die Stürme toben

Immer laßt die Stürme toben,
Laßt die weißen Flocken wehn,
Wendet nur den Blick nach oben,
Trost und Hoffnung zu ersehn.

Ob der Herbst die Blätter gelbe,
Wintereis die Scheiben malt,
Ist die Sonne doch dieselbe,
Die am Frühlingshimmel strahlt.

Die mit alter gleicher Treue,
Was in Knospen tief versteckt,
Daß sich Herz und Aug' erfreue,
Auf zu blüh'ndem Leben weckt.

Die mit gold'nem Sonnenstrahle,
Der uns jetzt nur lockend streift,
Auf den Höhen, wie im Thale
Uns die süßen Früchte reift.

Darum auf den Blick gehoben
Von dem eisumstarrten Land,
Denn die Sonn' am Himmel droben
Ist des Frühlings leuchtend Pfand.

Mag der Lenz auch lange zaudern,
Länger als du still gedacht,
Eh' die Quellen munter plaudern,
Maiengrün die Flur erwacht,

Eh' die weißen Blütenflocken
Lieblich deinen Pfad bestreun,
Süß die Nachtigallen locken,
Lust und Liebe zu erneun.

Eines Morgens wirst du sonnig
Gold'ne Strahlen um dich sehn,
Und die Luft wird mild und wonnig
Frühlingshauchend dich umwehn.

Alle Augen werden helle,
Alle Herzen werden glühn,
Und in zaubergleicher Schnelle
Wird es duften rings und blühn.

Trug und Täuschung kommt auf Erden
Immer von den Menschen nur,
Beides kann dir nimmer werden,
Hoffst du treu auf die Natur.

Collection: 
1877

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