Frühlingsahnung

Wer sagt, woher es kommen mag,
Der Winter ist noch nicht entflohn,
Allein es pocht mit leisem Schlag
Das warme Herz der Erde schon.

Im strengen Bann der Kälte stehn
Mit kahlen Zweigen Baum und Strauch,
Doch drüber schwebt, von fern gesehn,
Ein duftig zarter, grüner Hauch.

Es regt sich leise hier und da,
Ein frisches Hälmchen sproßt empor,
Es schlüpft, man weiß nicht, wann's geschah,
Vorzeitig schon ein Blümchen vor.

Und wenn sie auch vereinzelt blühn,
Damit es nicht der Winter merkt,
Und ist's auch lange noch kein Grün,
Das Aug' und Seele wieder stärkt:

Ein heimlich süßes Ahnen zieht
Durch alle Träume, Tag und Nacht,
Und ob ihn gleich noch keiner sieht,
Im Herzen ist der Lenz erwacht.

Collection: 
1877

More from Poet

  • Nimmer bist du trüb' und einsam,
    Wenn die Liebe nicht gebricht,
    Denn das Schönste hat gemeinsam
    Stets die Liebe mit dem Licht.

    Allerquickend, ungehindert
    Dringt durch Herz und Welt ihr Glanz,
    Und doch bleibt sie...

  • Wenn heimlich sich mit einem Mal
    Die Liebe regt im Herzen dein
    Mit bitt'rer Lust und süßer Qual -
    Und glänzte Dir kein Hoffnungsschein,
    Gesegnet bist du allemal,
    Nur durch das eig'ne Herz allein.

    Denn Lieb' ist...

  • Der eifrige starre Winter ist vergangen,
    Es regt sich leicht der laue Frühlingswind,
    Sein milder Hauch umfächelt meine Wangen,
    Ich will den Langentbehrten froh empfangen
    Und frage nicht: Woher, du Himmelskind?

    Gewürz'ge süße...

  • Ich hab' meine Lust an dem frischen Grün,
    An dem Flüstern und Rauschen der Blätter,
    An der duftigen Blumen Sprossen und Blüh'n,
    An der Lerche hellem Geschmetter.

    Ich hab' meine Lust an der Sonne Glanz,
    An der Sterne lichtem...

  • Du fragst, warum dem Bunde
    So Glück als Frieden fehlt?
    Das ist, weil ihn kein Glaube
    Und kein Vertrau'n beseelt.

    Wann wirst auch du erkennen,
    Was ich schon längst bedacht,
    Es ist auch hier der Glaube
    ...