Wundervoll gestirntes Schweigen

Wundervoll gestirntes Schweigen
atmet süß in meine Ruh -
sieh: mir wird die Welt zu eigen
und ihr ganzer Sinn bist du.

Wie in kindischem Vergeuden
fing das Leben leuchtend an -
wie in Schmerzen, wie in Freuden
mir das klare Spiel verrann!

daß ich nun sie wiederbringe,
Stunden, Stimmen, tot im Wind,
lausche ich verschlungner Dinge
rätselhaftem Labyrinth -

fühle diesen rätselvollen
Klang von Gassen, Wald und Zeit -
ach: so lange war's verschollen
tief im Meer der Ewigkeit.

Niemals wieder, niemals wieder
kehrt verlornen Lachens Kraft -
und die Stimmen, und die Lieder
bleiben ewig rätselhaft.

Wie in wundervollem Kreise
spiegelnd diese Nacht verrann
und du stehst und schauerst leise:
fremdes Antlitz starrt dich an.

Ja, ich lag an jungen Brüsten
und die Nacht war tief und klar -
nicht in Leiden, nicht in Lüsten
war die Welt mir offenbar -

und ich wollte nicht erwachen,
aber ach, ich bin erwacht.
Stark wie ein korallnes Lachen
drang es in die stillste Nacht.

Schwer an Schmerzen, reich an Lasten
geh ich durch die Welt dahin -
und gleich närrischen Fantasten
such ich sinnlos ihren Sinn.

Lachen, lachen - strahlend nieder
braust der Sonne großer Tanz -
niemals wieder, niemals wieder
kehrt vergeßnen Lachens Glanz.

Wie aus wachgeküßten Zweigen
spiegelnd diese Nacht verrinnt -
wundervoll gestirntes Schweigen -
rätselhaftes Lied im Wind -

Bin ich noch ein Kind der Erde?
Sonne stieg aus süßer Nacht -
und mit trauriger Gebärde
grüß ich, die mir göttlich lacht.

Herbst ist durch den Wald gegangen
als ein Mädel, zart und bleich.
Und an ihren jungen Wangen
wird mein dunkles Leben reich.

Ja, an ihren kühlen Brüsten
werden Schmerzen holdes Spiel -
und an ihren nie geküßten
Lippen glänzt ein neues Ziel.

Tausendfach gestirnte Nächte
hüten meine heilige Ruh:
All das Gute, all das Schlechte,
sieh: ihr ganzer Sinn bist du.

Collection: 
1961

More from Poet

  • Ich bin vom großen Stamm der Götter,
    ich bin der höchste, euer Gott.
    Ich bin vom Stamm der großen Spötter,
    und wahrlich, furchtbar ist mein Spott.

    Mein Spott ist furchtbar wie Gewitter,
    das jagend durch die Felder springt,...

  • Tiefe Nacht legt mir im Schlafe
    kühle Lippen an die Scheiben,
    rauscht und knistert - Hirten treiben
    halbverträumt zu Dorf die Schafe.

    Zögernd kommt ein Glück gegangen -
    Still! daß es den Schritt nicht wende -
    leise...

  • Und nun steigt der Tag die Treppe
    in den kühlen Brunnenschacht -
    Dame Nacht
    raschelt mahnend mit der Schleppe.

    Über meine weiße Decke
    huscht ein Strahl und scheint - und scheint -
    hinter mir in dunkler Ecke...

  • Winter will den Wald verwehn,
    Weg und weiße Wiesen
    weisen weiter - Wipfel stehn,
    wartend, wache Riesen.

    Ach, schon ist mein welker Strauß
    wind- und wandermüde.
    Seit ich in die Welt hinaus
    zog, ist...

  • Es war ein großer Dichter,
    sein Herz war hell und heiß -
    ihm glänzten tausend Lichter,
    von denen keiner weiß. -

    Ihm wiesen tausend Freuden
    zu einem hohen Ziel -
    ihm galt ein Sichvergeuden
    als kindisch-...