Brennende Liebe

 
Und willst du wissen, warum
So sinnend ich manche Zeit,
Mitunter so töricht und dumm,
So unverzeihlich zerstreut,
Willst wissen auch ohne Gnade,
Was denn so Liebes enthält
die heimlich verschlossene Lade,
An die ich mich öfters gestellt?

Zwei Augen hab' ich gesehn,
Wie der Strahl im Gewässer sich bricht,
Und wo zwei Augen nur stehn,
Da denke ich an ihr Licht.
Ja, als du neulich entwandtest
Die Blume vom blühenden Rain
Und »Oculus Christi« sie nanntest,
Da fielen die Augen mir ein.

Auch gibt's einer Stimme Ton,
Tief, zitternd, wie Hornes Hall,
Die tut's mir völlig zum Hohn,
Sie folget mir überall.
Als jüngst im flimmernden Saale
Mich quälte der Geigen Gegell,
Da hört' ich mit einem Male
Die Stimme im Violoncell.

Auch weiß ich eine Gestalt,
So leicht und kräftig zugleich,
Die schreitet vor mir im Wald
Und gleitet über den Teich;
Ja, als ich eben in Sinnen
Sah über des Mondes Aug'
Einen Wolkenstreifen zerrinnen,
Das war ihre Form, wie ein Rauch.

Und höre, höre zuletzt,
Dort liegt, da drinnen im Schrein,
Ein Tuch mit Blute genetzt,
Das legte ich heimlich hinein.
Er ritzte sich nur an der Schneide,
Als Beeren vom Strauch er mir hieb,
Nun hab' ich sie alle beide,
Sein Blut und meine brennende Lieb'.

Collection: 
1914

More from Poet

  • Über dem Brünnlein nicket der Zweig,
    Waldvögel zwitschern und flöten,
    Wild Anemon' und Schlehdorn bleich
    Im Abendstrahle sich röten,
    Und ein Mädchen mit blondem Haar
    Beugt über der glitzernden Welle,
    ...

  • O frage nicht, was mich so tief bewegt,
    Seh' ich dein junges Blut so freudig wallen,
    Warum, an deine klare Stirn gelegt,
    Mir schwereTropfen aus den Wimpern fallen.

    Mich träumte einst, ich sei ein albern Kind,
    Sich emsig...

  • Kein Wort, und wär' es scharf wie Stahles Klinge,
    Soll trennen, was in tausend Fäden Eins,
    So mächtig kein Gedanke, daß er dringe
    Vergällend in den Becher reinen Weins;
    Das Leben ist so kurz, das Glück so selten,
    So...

  • Ist's nicht ein heit'rer Ort, mein junger Freund,
    Das kleine Haus, das schier vom Hange gleitet,
    Wo so possierlich uns der Wirt erscheint,
    So übermächtig sich die Landschaft breitet;
    Wo uns ergötzt im neckischen Kontrast...

  • Im Parke weiß ich eine Bank,
    Die schattenreichste nicht von allen,
    Nur Erlen lassen, dünn und schlank,
    Darüber karge Streifen wallen;
    Da sitz' ich manchen Sommertag
    Und lass' mich rösten von der Sonnen,
    Rings...