Serenade

Entschlumm're Welt! Aus tausend Kehlen strömt
Schlaftrunk'ner Nachtgesang. Die Tulpe schließt
Den hundertfarb'gen, mährchenschönen Kelch;
Mit Schmetterlingen buhlt sie noch im Traum.
Vom Mond beglänzt ruht heilig still der See,
Die weiße Nymphe liegt an seiner Brust
Und öffnet ihren Schooß dem Abendstern,
(Der Liebe duftendes Mysterium).
Auf grünen, feuchten Blättern schläft der Schwan
Und träumt entzückt von seinem letzten Lied.
Ein Schwanenlied! O lausche, zärtlich' Herz,
Heb' dich auf Fluthen von Gesang empor
Und lass' dich tragen zu des Glückes Strand.
Schmilz hin, o Lied, wo am Balkon sich rankt
Das Epheu und des Geisblatt's dicht Gewirr,
Hinzitt're in der Keuschheit Heiligthum,
Und lege dich an der Gebiet'rin Brust:
Nicht als verlangend, wild vermess'ner Klang, -
Nein, kling' ein zaghaft seufzender Accord,
Durch Palmenzweige zitterndes Gebet:
Als Wohllaut wiege dich in ihren Traum,
Als Engel kühle zärtlich ihre Stirn,
Als Gottheit wach' ob ihrem blonden Haupt!

Collection: 
1860

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