Noch schwebt so mild, so wundermild

Noch schwebt so mild, so wundermild,
Vor meiner Seele stets das Bild,
Wie ich Dich sanft im Arm gewiegt,
Wie Du Dich hold an mich geschmiegt.

So wonnebang erbebtest Du
Und schlossest fest die Äuglein zu,
Nur manchmal durch der Wimpern Flor
Sahst Du verzückt zu mir empor.

Dann aber, zwischen Lust und Harm,
Entwandst Du sanft Dich meinem Arm
Und schmiegtest still und wundersam
Zusammen Dich in holder Scham.

Und rauntest leis mir in das Ohr
Und blicktest groß zu mir empor:
Da hat aus Deiner Augen Pracht
Dein Kind und meins mich angelacht.

aus: Deutsche Lyriker seit 1850
Mit einer litterar-historischen Einleitung
und biographisch-kritischen Notizen
Herausgegeben von Dr. Emil Kneschke
Siebente Auflage Leipzig Verlag von Th. Knaur 1887

Collection: 
1850

More from Poet

  • Unter blühenden Bäumen
    Hab' bei schweigender Nacht
    Ich in seligen Träumen
    Dein, du Holde, gedacht.

    Duftend streute die Linde
    Blüten nieder zu mir;
    Schmeichelnd kosten die Winde
    Wie ein Grüßen von dir....

  •  
    Wie die Gräser morgentaulich
    In dem Licht der Sonne blinken,
    Wie die Fluren maienaulich
    Noch des Frührots Nebel trinken,
    Wie von Blüte zu der Blüte
    Sich des Sommers Fäden winden,
    Daran Tröpfchen,...

  • Noch schwebt so mild, so wundermild,
    Vor meiner Seele stets das Bild,
    Wie ich Dich sanft im Arm gewiegt,
    Wie Du Dich hold an mich geschmiegt.

    So wonnebang erbebtest Du
    Und schlossest fest die Äuglein zu,
    Nur...