LXXXVII.

LXXXVII.
Die Muschel liegt verborgen
Tief unten am Meeresgrund,
Und tausend von Tauchern bangen
Nach diesem herrlichen Fund.

Doch wer sie durch Zufall gefunden
Tief unten, seit jeher vermißt,
Der betet, daß diese Muschel
Auch eine Perle umschließt!

Denn Muscheln gibt es in Menge,
Die Perlen sind seltener schon;
Die Muschel nicht, einzig die Perle
Ist ja auch des Tauchers Lohn.

Verborgen ruht auch die Liebe
Tief unten im Herzensgrund,
Und tausend von Tauchern bangen
Nach diesem herrlichen Fund.

Doch wer sie durch Zufall gefunden,
Tief unten, seit jeher vermißt,
Der wünscht, daß die Lieb' auch als Muschel
Die "Treue" als Perle umschließt!

Collection: 
1854

More from Poet

  • XVI.
    Jüngst kamst du im Traume,
    Mein Liebchen, zu mir;
    Ich reichte Maiblümchen
    Zum Gruße dir.

    Du nahmst sie und frugst mich,
    Was Liebe sei?
    Ich gab dir zur Antwort:
    "Ein ewiger Mai!"

    ...
  • XV.

    XV.
    Die Liebe ist ein Kerker,
    Die Fesseln sind duftige Rosen;
    Der Schwur ist der eiserne Riegel,
    Die Nahrung ist liebliches Kosen!

    Du hältst mich darin gefangen,
    Dein Herz ist meine Zelle;
    Ich habe darin...

  • XIV.
    Es dämmert, die Morgenglocke
    Begrüßt den erwachenden Tag,
    Die Sonne küßt erst verstohlen,
    Dann brünstig den blumigen Hag.

    Die Morgenglocke der Liebe
    Ist ein Gebeth zum Gruß,
    Das "Amen" dieses...

  • XII.
    Das Fenster vergittert,
    Verriegelt die Thür,
    Bin einsam, allein ich,
    Im Geist doch mit dir!

    Doch tröste dich, Liebchen,
    Auch einsam, allein
    Weiß zärtliche Liebe
    Noch glücklich zu sein...

  • VIII.
    Als ich Abends ging in's Freie
    War der Himmel wie Ein Stern;
    Doch für mich gibt's keinen Himmel,
    Bist du, Liebchen, von mir fern!

    Ach, mir leuchtet ja kein Sternlein
    In mein Herz, das ohne Ruh',
    ...