Ihr milden Augen, seh' ich euch denn wieder!
Und wieder übet ihr die alte Macht!
Wie einstens leuchtet ruhevoll ihr nieder
Auf meiner Seele sturmesdunkle Nacht.
Und so wie einst fühl ich: hier ist der Friede,
Hier ist Versöhnung, klare feste Kraft!
Gleich einem süßen, langentbehrten Liede
Umklingt es leise mich und märchenhaft.
Ihr milden Augen - fort! o bleibt mir ferne!
Seht mich nicht an mit diesem stillen Blick!
Vergessen muß das sanfte Licht der Sterne
Der, dessen Los ein kampfbewegt' Geschick.
Seht mich nicht an! Denn grausam ist's zu mahnen
Den Wandrer, der mit Wind und Wogen ficht,
An seines Herzens sehnsuchtsheißes Ahnen,
Das da von Schutz und sich'rer Zuflucht spricht.
aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888