Mir wirds so weit im Busen drin,
So offen, hehr und frei,
Nie wars so hell in meinem Sinn
Und meiner Phantasei;
Mir glüht die Wange und die Stirn,
Mir schmückt der Himmel sich,
Und süßer dünkt der Weste Girrn
In jenen Eichen mich;
Um mich tanzt Blumentrift und Flur,
Und jedes Hälmchen lacht,
Und seliger blüht die Natur
Mir in der Frühlingstracht.
Der Mond, der dort voll Freundlichkeit
Sich sonnt, so hell und klar,
Ist mir noch eins so lieber heut,
Als er mir sonst wohl war.
Ha! wie sich schnell mein Rosenblut
Durch alle Adern rafft;
Wie jede Fiber schwellt von Mut
Und niegefühlter Kraft.
Doch weißt du, Freund, woher, woher?
Der Wonne Überfluß?
Sie gab mir heut von ohngefähr
Ihr Herz und einen Kuß.
aus: Novalis Schriften. Die Werke Friedrich von Hardenbergs.
Erster Band: Das dichterische Werk.
Hrsg. von Paul Kluckhohn und Richard Samuel
unter Mitarbeit von Heinz Ritter und Gerhard Schulz.
Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt. 1960